Nach hunderten Kilometern durch die West-Sahara, vielen Stunden Busfahrt und dem immer gleichen Ausblick aus den Fenstern erreichen wir irgendwann die mauretanische Grenze. Ich gebe zu: Mauretanien ist ein Land, von dessen Existenz ich vor dieser Reise kaum gewusst habe. Vorstellungen des Landes hatte ich überhaupt keine.
Natürlich haben aber auch wir im Vorfeld die Horror-Berichte des Auswärtigen Amts gelesen, die Warnungen vor Terrorismus zur Kenntnis genommen und die Karte studiert, nach der die größten Teile des Landes im „roten Bereich“ liegen und somit „off Limits“ für Touristen sein sollen.
Aber wie immer relativieren sich diese Warnungen sobald man unterwegs ist, sich näher mit den Ländern beschäftigt, recherchiert und Menschen trifft die bereits dort waren oder daher kommen. Obwohl wir uns Mühe geben, schaffen aber auch wir es nicht ganz ohne Bedenken und Unsicherheit einzureisen.
Das Visum kostet 55 Euro und wird an der sehr unübersichtlichen und chaotischen Grenze ausgestellt (vorausgesetzt man schafft es alle Stationen in der richtigen Reihenfolge abzulaufen :-) Gültig ist es sowieso nur für 30 Tage – unser Aufenthalt ist also begrenzt.
Zwischen dem marokkanischen und dem mauretanischen Grenzposten liegt ein Niemandsland, dass sich über mehrere Kilometer erstreckt. Neben Autowracks, die hier überall herumstehen soll es in den Bereichen neben der Straße noch Mienen geben. Trotzdem ist dort ordentlich was los: Es wird gegrillt, gekocht und es gibt mehrere Wohnwagen und Zelte in denen Menschen dauerhaft zu leben scheinen. „Welcome to Africa!“ wird uns entgegen gerufen.
...im Taxi auf den ersten Metern Mauretaniens |
Durch noch mehr Staub und Wüste fahren wir, zu zweit auf den Beifahrer-Sitz eines Kleinwagens gepresst, hinein in die erste mauretanische Stadt hinter der Grenze. „Nouadhibou“ ist im dünn besiedelten, aber riesengroßem Land bereits die zweitgrößte Stadt.
Der Blick aus dem Auto-Fenster beeindruckt mich schwer: Hier beginnt Afrika!
Erstaunlich wie übergangslos sich die Welt hinter einer Grenze ändern kann. Mit einem neuen Stempel im Pass sind wir plötzlich in einer völlig anderen Welt. Nichts ist mehr so wie in Marokko, in Europa oder sonst irgendwo wo ich bisher war. Noch nie zuvor habe ich eine vergleichbare Stadt gesehen.
Auch wenn man ganz objektiv zugeben muss, dass es in Nouadhibou kaum etwas „schönes“ zu sehen oder entdecken gibt, finde ich die Stadt irgendwie spannend und faszinierend. Es mag daran liegen, dass es die erste „afrikanische“ Stadt ist, die ich je besucht habe. Ein Stadtzentrum gibt es nicht, die Straßen sind breit, staubig und die Stadt zieht sich über eine beträchtliche Fläche in die länge.
Zum Glück finden wir fast auf Anhieb eine Bank die uns Geld ausspuckt. Damit nimmt einer der größten Travel-Fails unserer bisherigen Reise-Karriere ihren Lauf: Die Währung in diesem Land heißt Ouguiya und wurde vor zwei Jahren auf Grund von Inflation um eine Null reduziert. 1000 alte Ouguiya wurden also zu 100 neuen Ouguiya. Eigentlich logisch und einfach, aber warum alte Gewohnheiten ändern? Bis heute gibt man im ganzen Land die Preise weiterhin in der alter Währung an. Auch unser online Währungsrechner hat die Umstellung offenbar nicht mitbekommen und gibt uns den Kurs der alten Ouguiya an. Klingt verwirrend und das ist es auch! Wir sind völlig ahnungslos und bezahlen einen gesamten Nachmittag lang gutmütig für alles den 10fachen Preis. 3 Flachen Wasser für stolze 10 Euro, für eine Handy Sim-Karte ganze 20 Euro. Zum Glück fällt der Fauxpas im Restaurant am Abend auf. Wir werden freundlicherweise darauf hin gewiesen, dass es nicht nötig ist, umgerechnet 100 Euro für unser Abendessen von 10 Euro zu bezahlen.
Ab sofort wissen wir Bescheid:
„Bonjour! Was kostet eine Flasche Wasser?“ „200 Ouguiya“ (Angabe erfolgt in alter Währung, der tatsächliche Preis ist nur 20) Von jedem genannten Preis zieht man also ganz selbstverständlich eine 0 ab beim Bezahlen. Ist doch logisch!
Fischerhafen Nouadhibous |
Schiffwracks kurz vor der Küste |
die meisten Restaurants hier sind senegalesisch |
wenn man der staubigen Stadt entfliehen will, sind diese Strände der richtige Ort |
Strandausflug mit der Familie unseres Couchsurf Hosts |
Vermutlich der coolste Ort in Nouadhibous: Ein Künstler hat vor kurzem ein Cafe/Restaurant eröffnet. Hier gibts neben Tee auch Gemälde, Skulpturen und Möbel aus recycltem Plastik-Müll |
Nicht zu übersehen ist das eklatante Müll-Entsorgungs-Problem der Stadt (und des Landes). Die Straßen liegen voll mit jeglicher Art von Müll, an machen Kreuzungen haben sich ganze Berge aufgetürmt.Ob es irgendeine „organisierte“ Art der Müllentsorgung gibt wissen wir nicht, aber die überall in der Stadt herumlaufenden Ziegen tun ihr bestes um dabei behilflich zu sein. Ein absurder Kreislauf: Die Ziegen fressen sich durch die (Plastik-)Müllberge der Menschen und die Menschen fressen anschließend die Ziegen und somit ihren eigenen Müll.
Natürlich sind die Müllberge die wir in unserer ersten Welt produzieren weitaus größer, aber praktischerweise sind diese dank effizienter Organisation (und Deportierung ins Ausland) für uns so gut wie unsichtbar. Angenehmer, aber umso schlimmer.
Küste von Nouadhibou, dieser Plastikmüll wird hier vermutlich noch die nächsten 500 Jahre liegen |
Weitere subjektive Wahrnehmungen und Beobachtungen der ersten Tage sind die Freundlichkeit und die Schönheit der Menschen. Selten habe ich ein Land mit so gutaussehenden Menschen bereist (männlich wie weiblich).
„Welcome to Africa!“ „Thank you very much!“
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