8. Dezember 2014

Auf Orang Utan Suche: 94,6% Mensch

-schreckliches Medan und Trekking im Dschungel bei Bukit Lawang-
 

Landung in Medan auf Sumatra. Hier überkommen einen bereits nach kürzester Zeit Fluchtgedanken. Die Stadt ist furchtbar und man sollte sich auf keinen Fall länger hier aufhalten als unbedingt nötig.

Das einzigst (zumindest anfänglich) amüsante an dieser Stadt sind die vielen jungen Englisch Studenten die offensichtlich die kollektive Aufgabe ihrer Professoren bekommen haben ihre Sprachkenntnisse durch “Interviews” mit Touristen zu verbessern. Diese Aufgabe nehmen sie SEHR ernst und machen regelrecht Jagd auf die wenigen Ausländer die hier meist nur einen Tag auf der Durchreise zwischenstoppen. Mit Smartphone-Videos und Gruppenfotos wird die Konversation für die Nachwelt festgehalten. Die ca. 18jährigen Jungs und Mädels sind dabei sehr aufgeregt und entschuldigen sich während des Gesprächs meist mehrmals dafür so nervös zu sein.  Wiederholt wird mir gesagt wir “beautiful” ich bin (nach Angabe meines Alters : ”Ohh…STILL so beautiful”) Leider bin ich realistisch genug um zu wissen, dass dieses Kompliment natürlich rein garnichts mit meiner plötzlichen, überirdischen Schönheit zu tun hat, sonder lediglich mit meinem für diesen Teil der Erde “exotischen” Aussehens.
Helle Haut + blonde Haare = Schön. So einfach ist hier die Formel.

Wie weit verbreitet der irrsinnige Wunsch nach heller Haut ist kann kann man am besten durch einen Blick auf die Kosmetikabteilung in südostasiatischen Supermärkten erkennen: Whitening Produkte wo man hinschaut. Fast sämtliche Crems, Dusch- und Waschgels beeinhalten Bleichmittel und auf den Etiketten wird damit geworben in kürzester Zeit hellere Haut bekommen zu können. Schon absurd, dass die Schönheitsindustrie bei uns in genau die entgegengesetzte Richtung steuert und wir mit Make up, Rouge, Bräunungscremes und sogar Solarium versuchen unsere weisse Haut ein paar Nuancen dunkler werden zu lassen. Verrückte Welt!
 
Nachdem wir fast alle Studenten Medans kennengelernt haben sind wir froh endlich aus der Stadt flüchten zu können und noch froher in Bukit Lawang wieder aus dem Bus zu steigen. Direkt neben dem Dschungel an einem Fluss gelegen ist dieses gemütliche kleine Dorf der krasse Gegensatz zum hässlichen, stressigen Medan. Hauptatraktion und der Grund warum Touristen in diesen netten Ort kommen sind die hier nebenan lebenden wilden und semi-wilden Orang Utans. Durch ein Rehabilitationsprogramm in den 70ern wurden verletzte oder verwaiste Orang Utans wieder aufgepäppelt und auf das selbstständige Leben im Dschungel vorbereitet. Obwohl die Tiere (und deren Nachfahren) nun frei und eigenständig in der Natur leben sind sie an Menschen gewohnt und weder ängstlich noch scheu.
 
Der Ort: Bukit Lawang
Um die Orang Utans zu Gesicht zu bekommen buchen wir einen 2tägigen Dschungeltrek mit Übernachtung in einem Camp mitten im Wald. Mit Guide “Mogli” (Ja, er sieht ungefähr aus wie Mogli aus dem Dschungelbuch) geht es am nächsten Morgen los.
Die Bedenken vielleicht keinen Orang Utan zu Gesicht zu bekommen lösen sich schon nach der ersten Stunde in Luft auf. Die Guides sind gut darin die Tiere in den dichten grünen Blättern zu entdecken und wir sehen bereits am Vormittag mehrere Weibchen mit ihren Babys. Durch Rufe lassen sie sich anlocken und kommen so nah an uns heran, dass es fast schon beängstigend ist. Nur wenige Meter von unserer Gruppe entfernt hängen sie in den Bäumen und während wir und die Affen uns gegenseitig beobachten scheint es fast so als wenn die Tiere für unsere Kameras posieren würden. Auch die strubbeligen süβen Babys sind toll zu beobachten.
Orang Utans gibt es nur in Indonesien. Orang ist das indonesische Wort für Mensch, Utan bedeutet Wald. Waldmensch also. Die DNA des “Waldmenschen” stimmt zu 96,4% mit der des Menschen überein, was man sich beim längeren Beobachten der Tiere gut vorstellen kann. Auβer Orang Utans sehen wir noch Horden an kleinen Makaken-Äffchen, einige Vögel und auch ein paar andere Touristen.

klettern

Lunchpause
 
Makaken

Orang Utan Nr.1
Der erste Menschenaffe den ich in freier Wildbahn sehe.

Posing fuers Foto







(Fast) wilde Tiere von so nahem sehen ist toll und sehr beeindruckend, ansonsten kann ich allerdings nur sagen, dass Trekking im Dschungel auch nicht spaβiger ist als irgendwo anders. Der Dschungel ist ein einziges grosses Gebirge und sobald wir einen steilen Hang erklommen haben geht es auf der anderen Seite wieder hinunter. Bei der tropischen Luftfeuchtigkeit sind unsere Klamotten in kürzester Zeit pitschnass und der Schweiss tropft von Nase und Kinn. Da Regenzeit ist, ist der Boden schlammig und verdammt rutschig und meine profillosen Skaterschuhe sind zwar bequem, für so eine Wanderung aber mal wieder absolut ungeeignet. ICH BIN SAUER!

Kurz vor dem Camp kommt uns Orang Utan “Jackie” entgegen gelaufen. Der vorrangehende Guide sieht sie als erster und dreht sich mit den Worten “Don’t panic. Very friendly” um. Langsam und gemächlich (wie ein Mensch) klettert uns Jackie den steilen Hang entgegen und läuft so nah an uns vorbei, dass sie uns streift. Jackie hatte eine besonders intensive Bindung zu ihrem ehemaligen Pfleger und ist dafür bekannt gerne mal auf Tuchfühlung zu gehen. Sie umklammert das Handgelenk der Französin aus unserer Gruppe und will sie nicht mehr loslassen. Nur durch ein grossangelegtes Ablenkmanöver mit einem Strauss Bananen kann sie letztendlich befreit werden.
Zum Glueck bleiben wir von einer Begegnung mit “Minna” einem berüchtigten, agressiven Orang Utan verschont. Ueber 80 Menschen hat Minna bereits angegriffen und bei einer möglichen Aufeinandertreffen hätte das Kommando nur “RUN!” gelautet.


Das Camp für die Nacht liegt idyllisch an einem Fluss mitten im Wald, doch so richtig darüber freuen kann ich mich nicht. Alle anderen sind nach 7 Stunden laufen, klettern und rutschen zwar genauso erschöpft wie ich, doch mal wieder bin ich die einzige in der Gruppe die diese Art der körperlichen Ertüchtigung nicht genossen hat.
Warum mache ich das also immer wieder? In diesem Fall weil die Orang Utans leider nicht freiwillig zu mir an die Hangematte kommen, damit ich sie beobachten kann…


Dschungelcamp

Zum Glück steht Tag 2 unter dem Motto “Relaxen & Spaβ”. Wir laufen zu einem nahe gelegenem Wasserfall zum duschen, baden, schwimmen und auf warmen Steinen in der Sonne liegen. Zurück ins Dorf geht es nicht zu Fuβ sondern in groβen Autoreifen den Fluss hinunter: Tubing. Mit dem Gepäck in Plastiktüten verpackt treiben wir fröhlich singend und ganz entspannt zurück ins Dorf. Ein groβer Spaβ!
 
Tubing

Zurück in Bukit Lawang bleiben wir aus verschiedenen Gründen mal wieder etwas länger dort hängen. Zum einen weil meine Muskeln sich wieder entspannen müssen, zum anderen weil wir ein groβartige Hütte beziehen - etwas abseits an einem Hang gelegen, direkt am Dschungel, mit grosser Terasse und Blick auf den Fluss. Fast doppelt so teuer wie die meisten anderen (ebenfalls tollen) Bungalows, aber 7 Euro Miete pro Nacht war uns der Luxus wert.

Unsere Huette
























Obwohl vermutlich das gesamte Dorf vom Tourismus lebt hat man sich in Bukit Lawang eine erstaunliche, ehrliche Freundlichkeit bewahrt. Niemand drängt sich auf, niemand versucht einem irgendetwas zu verkaufen oder einen in sein Guesthaus/Restaurant zu locken. Soetwas ist in Touristendestinationen leider eher selten. Stattdessen gibt es jeden abends irgendeinen Ort wo alle (Touristen und Einheimische) zusammensitzen und Bier trinken. Irgendwer hat immer eine Gitarre und Trommeln dabei und nach ein paar Tagen sind wir bereits textsicher im Mitsingen der Songauswahl und der berühmten Bukit Lawang Songs.

Bier, Musik und Gesang


















auch hier: unvermeidliche Interviews mit Studenten

 

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