Wie so oft
in Indonesien gibt es auch bei dem Besuch der Vulkane wieder zwei
Möglichkeiten. Die eine ist einfach, entspannt, schnell und komfortabel kostet
aber “viel” Geld. Die andere ist kompliziert, anstrengend und zeitaufwendig,
dafür fast umsonst. Kurz gesagt, man muss Geld gegen Zeit abwiegen.
Da wir
bekanntlich mehr Zeit als Geld haben (bzw. letzteres gut beisammenhalten um
ersteres weitmöglichst auszudehnen) entscheiden wir uns, wie meistens, für
die anstrengende Variante. Und die geht so: Man wartet am Fuβ des Berges so
lange bis sich dort 15 Personen eingefunden haben die das gleiche Ziel anpeilen
und fährt dann mit dem öffentlichen Bus den Berg hinauf (das kann schon mal
ein paar Stunden dauern bis es soweit ist…) Die Tatsache, dass man nicht wandern
muss, sondern direkt zum Vulkan hinaufFAHREN kann macht den “Bromo” auf der
Stelle zu meinem Lieblingsvulkan, noch bevor ich ihn überhaupt gesehen habe.
Oben angekommen mieten wir uns in einem der unzähligen, schlichten Homestays
ein und freuen uns über das angenehm kühle Klima.Am nächsten Morgen macht man das, was die meisten anderen organisiert und komfortabel im Jeep abfahren zu Fuss: Aufstehen um 3 Uhr Nachts um “den Sonnenaufgang” von einem Aussichtspunkt auf einem höhergelegenen Berg aus zu sehen, zu dem man anstrengende 2 Stunden hinaufwandern muss. Ich fange an zu bezweifeln, dass es soetwas wie einen schönen Sonnenaufgang überhaupt gibt. Wir sehen mal wieder Nebel und Wolken, sonst garnichts. Also enttäuscht und müde wieder zurück ins Bett und noch ein paar Stunden schlafen.
Der zweite Teil des Tages wird dafür umso besser. Wir durchqueren die weite, flache Sandwüste die um den Vulkan herum liegt und an eine surreale Mondlandschaft erinnert. Vom Fuss des Vulkans steigt man dann die Treppen zum Kraterrand hinauf wo man in einen riesigen Krater schaut, aus dem weisser, nach Schwefel riechender Rauch aufsteigt. Genau so wie man sich einen Vulkan als Kind vorgestellt hat. ich zumindest.
Der bis heute aktive Vulkan ist bis 2001 immer wieder ausgebrochen, sodass es lange verboten war sich ihm zu nähern. Umso besser, das er sich momentan offensichtlich in einer Ruhephase befindet. Ein weiterer Vorteil am eigenständigen erkunden ist auβerdem, dass man auch den (sehr hohen) Eintrittspreis nicht bezahlen muss, da man einfach einen anderen Weg als den am Ticket-Schalter vorbei nimmt und es niemanden interessiert.
Mondlandschaft um den Vulkan herum |
Vulkankrater |
Vom Bromo aus geht es auf direktem Weg weiter zum nächsten Vulkan “Ijen”. Der Weg zum Kraterrand dieses Vulkanes ist länger und anstrengender, aber (zugegeben) auch sehr sehr schön. Ausserdem bin ich bestens abgelenkt, da wir den ganzen Weg von einer Gruppe Arbeiter begleitet werden, die im Vulkan Schwefel abbauen und heraustragen. Zum Glück spricht einer von ihnen sehr gut Englisch (keine Schule, nur von den Touristen gelernt!) und wir können eine Menge schockierende Facts über den harten Arbeitsalltag der Männer erfahren.
Zwei mal pro Tag steigen sie in den Krater hinab, füllen ihre beiden Körbe mit 50 bis 70 kg Schwefel und tragen sie an einer Stange über der Schulter hängend dort hinaus. Wenn man die kleinen, schmächtigen Indonesier sieht kann man sich kaum vorstellen wie dieser Kraftakt körperlich möglich ist. Ihre Last wiegt mehr als ihr eigenes Körpergewicht. Eine unvorstellbar harte Knochenarbeit die noch dazu wenig lukrativ ist. 900 Rupien (ca 6 Euro-Cent) bekommen die Arbeiter pro Kilo ausgezahlt wenn sie die Brocken an der Wiegestation abgeben. Bei 2 Touren mit je 60kg (was min. 10 Stunden dauert) macht das einen Tageslohn von ca 7 Euro von dem die Männer nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das ihrer Kinder, Frauen und Eltern finanzieren müssen. Der Mann, Johnny, mit dem wir reden arbeitet seit mehreren Wochen ohne Pause. Da sein Familienhaus zu weit entfernt liegt legt er sich zum schlafen einfach irgendwo in eine Ecke des Kraters. Trotz steiniger, steiler Wege trägt er keine festen Schuhe sondern bloβ Flip Flops an den Füssen.
Mal wieder bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Für den Lohn den wir bei unserem letzten Job in der Wäscherei pro STUNDE verdient haben muss dieser Mann mehr als 3 komplette TAGE arbeiten und noch dazu seine Gesundheit ruinieren. Nur weil ich zufällig in einem “privilegiertem” Land wie Deutschland geboren wurde kann ich seit über 2 Jahren unbekümmert und ohne viel dafür getan zu haben um die Welt reisen, während Andere unter solchen Bedingungen um ihre Existenz kämpfen.
Nach 1 ½ Stunden erreichen wir den Kraterrand aus dem dichter Schwefelrauch emporsteigt. Ein Schild kündigt an, dass es Besuchern nicht gestattet ist von hieraus weiter in den Krater hinunter zu steigen. Dafür hätte man eine überteuerte Touri-Tour im Morgengrauen buchen müssen. Unsere neue Schwefelarbeiter-Berkanntschaft bietet uns jedoch trotz Verbot an uns zu einem sehr niedrigen Preis trotzdem mit runter zu nehmen. Da das Geld somit nicht an die Tourismus-Mafia sondern direkt an den netten Kerl selbst geht sind wir sofort dabei. Auch weil wir nun neugierig geworden sind wie dort unten gearbeitet wird...
auf dem Weg zum Ijen Krater |
Vulkansee |
Gemeinsam steigen wir den steilen Weg in den Krater hinab und müssen immer wieder den Arbeitern ausweichen die uns mit ihren bereits vollbeladenen Körben entgegen kommen. Wir klettern bis zum leuchtend türkisen, warmen Kratersee herunter, neben dem der Schwefel abgebaut wird. Hier hacken die Arbeiter per Hand den gelben Rohstoff aus dem Stein – umgeben von einer dichten Wolke an hochgiftigem Schwefelgas. Als Touristen hat man uns zum Schutz gegen diese Gase mit Atemmasken ausgestattet. Keiner der Arbeiter die wir sehen trägt eine solche…
Zum Abschied bastelt uns Johnny eine kleine Skulptur aus fluessigem Schwefel, dann muss er zurück an die Arbeit und zum zweiten mal an diesem Tag seine Körbe befüllen und hinaufschleppen.
Mit Johnnys Kumpel, dessen Körbe bereits befüllt sind kraxeln wir wieder nach oben. Als dieser eine Pause macht um sich zu waschen fordert er Kenneth auf zu versuchen seine Schwefel-Ladung zu tragen. Unter Aufbringung all seiner Kräfte schafft der über einen Kopf gröβere Kenneth es die Last kurz anzuheben. immerhin. Während wir dem kleinen, dünnen Mann mit den 60kg Schwefel hinterher klettern stelle ich beschämt fest, dass es für mich bereits hart genug ist mein eigenes Körpergewicht aus dem Krater nach oben zu tragen.
arbeiten im giftigen Schwefel-Rauch |
steiler Aufstieg mit schweren Koerben |
starker Kenneth |
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