5. April 2015

Mingalaba!

-Yangon, Mandalay, Katha-


Schon auf der Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt Yangons hatte ich dieses Gefühl… Wir sitzen mit unserem Gepäck in einem unglaublich langsamen und vollem öffentlichen Bus der mehr im Stau steht als sich vorwärts zu bewegen. Genug Zeit also aus dem Fenster zu schauen und einen ersten Eindruck zu bekommen was uns in diesem Land erwarten wird.

Liebe auf den ersten Blick? Wahrscheinlich. Alles sieht irgendwie chaotisch und fremd aus. Ein bisschen wie Indien, aber doch ganz anders. auf jeden Fall interessant. Schon jetzt weiss ich, dass Myanmar etwas ganz besonderes wird.

Wie so viele Länder, hat auch dieses eine harte Zeit hinter sich. Die Kolonialherrschaft wird abgelöβt von einem knallharten Militär Regime, das das Land komplett von der Aussenwelt isoliert. Die Frontfrau der Demokratischen Partei  “Aung San Suu Kyi”, stand trotz (und wegen) gewonnener Wahl jahrelang unter "Hausarest" weshalb ein Tourismus Boikott über das Land verhägt wurde. Dieses wurde erst mit Suu Kyis “Freilassung” vor ein paar Jahren aufgehoben, dementsprechen gibt es abseits der Touristen Highlights bisher (noch) wenig Besucher von auβerhalb.
Entgegen der Annahme der meisten Personen ist Yangon nicht die Hauptstadt Myanmars, auch wenn es sich so anfühlt. Sie war es jedoch so lange bis das Militär Regime den fragwürdigen Plan verwirklichte in der Mitte des Landes eine neue Haupstadt namens “Nay Pyi Taw” aus dem Boden zu stampfen. Eine athmosphaerelose Geisterstadt in der bis auf Regierungsangestellt niemand lebt der die 5 spurigen Autobahnen befahren kann. Ein  unsinniges Milliardenprojekt und eine absolute Unverschämtheit, wo man hier doch an jeder Ecke des Landes auf Dinge stöβt in die man dieses Geld besser hätte investieren könnte.
Yangon gefällt uns super und ist der perfekte Start dieser Reise. Jeder Spatziergang ist ein Erlebnis. Die Staβen sind voller Leben, Menschen und Stände an denen man Essen, Zigaretten und alles erdenklich andere kaufen kann. Rechts und links von einem ragen die Fassaden, alter verfallender Kolonialgebäude in den Himmel.

Yangons Strassenleben















Kolonial-Charme


oeffentlicher Bus

Das wichtigste Accesoire:
Essens-Kanister die einen durch den Tag bringen



 
 
 
 
 
 
 
Happy New Year!
Wir feiern den Start in 2559 nach chinesischem Kalender!

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Eine groβartige und verbreitete Tradition sind die vielen Teehäuser. Immer wieder eine gute Gelegenheit sich kurz (oder lang) im Schatten von dem Trubel der Straβe zu erholen. Leider beschränkt sich das Getränkeangebot auf grausigen Kaffee und Tee mit SEHR viel Zucker UND SEHR viel Kondensmilch. Fast sämtliche Teehäuser haben aus mir unerklärlichen Gründen das selbe ulkige Einrichtungsprinzip aus Miniatur-Plastikmobiliar. Das ganze ist eher semi-bequem, hält aber niemanden davon ab hier ausgiebig seine Zeit tot zu schlagen.
Eine der Dinge die in Myanmar unschlagbar günstig sind, sind Zigaretten. Eine Packung(!!!) gibt es fuer 17 Euro Cent (!!!), alternativ kann man sich in jedem Teehaus, Restaurant oder Bar ein "Raucher-Set" (kostenlos) an den Tisch bestellen. Das führt selbstverständlich dazu das überall und immer geraucht wird.
Kindermoebel in Teehaeusern

Ja, manchmal brechen die kleinen Hocker unter ihrer Last zusammen.

Raucher-Set, bestehend aus Aschenbecher, Feuerzeug und Zigaretten.
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Myanmar ist ein Land in dem man die Armut und die Missverhältnisse besonders deutlich spürt. Sichtbar wird dies immer wieder durch die vielen arbeitenden Kinder. Die “Teaboys” die in den Teehäusern kellnern sind oft erst 10 Jahre alt und auch die Straβenstände werden nicht selten komplett alleine von einem Kind geschmissen.
Von Yangon aus fahren wir mit dem Zug weiter nach Mandalay.
Zugtickets in Myanmar werden per Hand ausgestellt. Ein zentrales Comutersystem zur Platzreservierung gibt es nicht, hier funktioniert noch alles manuel und auf Papier. Sehr gewissenhaft übertragen zwei Beamten in Teamwork die Daten aus unserem Paβ aufs Ticket. Das kann schonmal 5 bis 10 Minuten dauern. Dafür kann man dann anschlieβend für nur 10 Euro quer durchs halbe Land fahren, und zwar in der höchsten Klasse: dem Schlafabteil.

Zugfahren in Myanmar ist ein Erlebnis, dass man auf keinen Fall verpassen sollte. Mit dem sanften dahingleiten deutscher Züge hat das hier nichts zu tun. Die Züge sind alt und klapprig, ebenso wie das Schienennetz. Die Wagons schwanken während der Fahrt beängstigend hin und her, rucken, holpern und zucken und huepfen wenig vertrauenserweckend.
Zugfahren ist trotzdem toll! Solange es hell ist gibt es aus dem Fenster heraus sowieso genug zu sehen. Bei jedem Stop kann man sich mit Snacks und Früchten eindecken die Frauen auf ihren Köpfen an den Fenstern vorbei balancieren. Sobald es dunkel wird geht es in den Speisewagen. Das Essen ist nicht besonders lecker, doch schon die Tatsache in einem rumpelnden Zug zu dinnieren ist so “romantisch” das man darüber hinwegsehen kann. Vorallem da es auch kaltes Bier gibt!
Auch nachdem wir uns damit abgefunden haben, dass dieser Zustand normal ist und wir vermutlich nicht entgleisen werden ist an Schlaf nicht zu denken. Immer wenn man gerade eingenickt ist hüpft man in seinem Bett mehrere Zentimeter nach oben und landet unsanft wieder auf der harten Pritsche.
wunderschoenes, handgesschriebenes Ticket
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Im Schlafwagon

"window-shopping" bei jedem Stop

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Haeuser am Schienenrand

Essensstaende an den Bahnhoefen

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Speisewagen
 
 

U-Bein bridge in Mandalay
 
 
Fischer neben der Bruecke
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
Hafen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Im Vergleich zu Yangon ist Mandalay wenig attraktiv. Nach kurzem Zwischenstop fahren wir (erneut über Nacht) mit dem Zug weiter nach Katha. Katha ist der ehemalige Wohsitz von George Orwell der hier während seiner Zeit als Kolonial-Polizist stationiert war. Auβerdem der Schauplatz seines Romans “burmese days”, den wir parallel lesen. Wir begeben uns auf die Suche nach den im Buch beschriebenen Orten und Gebäuden, können aber nur raten welche es gewesen sein könnten, da es keine Ausschilderung oder Karte gibt. Ansonsten ist Katha eine sympatisches kleines Örtchen, abseits der Touristenroute. Ein guter Ort um das ganz normale Leben der freundlichen Einwohner zu beobachten…
weibliche Moenche bei ihrem morgentlichen Rundgang
zum Spendensammeln

sympathisches, ruhiges Katha


verfallen aber fotogen: Kolonialarchitektur
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Und dann passieren nebenbei noch ganz wunderbare Dinge:
Menschen die im Zug Nachts wach bleiben um die Verantwortung für unser rechzeitiges Aussteigen zu übernehmen und uns zu wecken damit wir unser Ziel nicht verpassen.
Straβenhändler die sich konsequent weigern Geld für unseren Einkauf anzunehmen und uns unbedingt die Tüte Tomaten schenken möchten.
Eine Frau die uns die Karte eines Nudelstands an der Straβe übersetzt und sich so darüber freut ihr Englich zu trainieren, dass sie uns ungefragt zum Essen einläd.
Ganz abgesehen von den vielen freundlichen, breit grinsenden “ Mingalaba!” mit dem man überall begrüβt wird. Als Tourist hat man definitiv das Gefühl herzlich willkommen zu sein und trotz Sprachbarriere ist das Level der Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft relativ bespielslos.
Liebe auf den ersten Blick. Und auf den zweiten.
 

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