16. Mai 2013

AHOI!

Nach einer fast 24 stuendigen Fahrt in einem schrottreifen Bus hinunter in den Dschungel weiss ich nun wie es sich anfuehlt Angst um sein Leben zu haben. Auf einer viel zu schmalen, steinigen „Strasse“ fahren wir sowieso schon die komplette Fahrt mit 2 halben Reifen ueber dem (sehr tiefen) Abgrund, wenn uns dann noch ein Auto entgegen kommt kann man nur die Augen schliessen und hoffen, dass es bald vorbei ist...Ich kann mir nicht vorstellen, dass Busfahren irgendwo auf der Welt beaengstigender ist als auf diesem Kontinet.
Bei dieser Fahrt kommt noch hinzu das wir die schlechtesten Sitzte auf der Rueckbank zugeteilt bekommen haben und die komplette Bank bei jedem Schlagloch aus der Verankerung springt -  an Schlafen ist nicht zu denken. Als es endlich stockdunkel ist und man wenigstens nicht mehr sehen kann wie tief der Abgrund ist andem wir entlang schliddern, faengt es auchnoch an in Stroemen zu Regnen. Die Strasse ist voellig ueberschwemmt, gepaart mit der Dunkelheit und den schlechten Frontlampen des Busses eine toedliche Kombination. Natuerlich dauert es nicht lange bis der von Anfang an stark angeschlagene Bus auf Grund eines Reifensschadens anhalten muss. Der Reifen wird gewechselt was allerdings nicht besonders viel bringt. Schwarzer Rauch steigt unter dem Bus hervor und wir halten noch einige Male fuer mehrere Stunden an um den Bus zu reparieren.
Als wir unser Ziel Rurrenabaque erreichen, sind wir zwar voellig fertig aber gleichzeitig sehr froh lebend und unbeschadet hier angekommen zu sein.

Damit sich dieser Horrortrip in den Dschngel auch gelohnt hat buchen wir direkt am naechsten Tag sowohl eine Tour in den Dschungel wie auch in die Pampas. Jeweils 3 Tage.

Zu Fuss durch den Dschungel
In einem kleinen Boot werden wir am Fluss vor unserem Hostal abgeholt und schippern ca. 3 Stunden den Fluss hinunter tiefer in den Dschungel hinein. Das komplette Trinkwasser sowie das Essen ist an Board und wird von uns bis zum Camp auf einer Lichtung im Dschungel getragen. Zusammen mit 2 Schweizern die wir auf der Horrorbusfahrt kennengelernt haben sind wir nur zu viert in einer Gruppe mit Guide Segon. Dieser erklaert uns zu Beginn der Wanderung, dass es sehr schwierig ist im Wald Tiere zu sehen und man viel Geduld und Glueck haben muss. Danach folgt eine Einweisung ins „richtige Laufen“. Segon ist naemlich der Meinung wir wuerden durch unser Getrampel alle Tiere verscheuchen, bevor wir diese auch nur erahnen koennten. Auch unangemessen ist unsere Kleidung. Zum Schutz vor Moskitos haben wir alle 4 weisse, langaermlige Shirts an. Diese vertreiben zwar die Moskitos, allerdings laut Segon auch alle anderen Tiere die uns schon von weitem sehen koennen. Zu guter letzt koennte es auchnoch an unserem Repellent scheitern, den die Tiere natuerlich schon von weitem wittern koennen und sich dann (wie hoffentlich auch die Moskitos) von uns fernhalten. Wir haben also alles falsch gemacht, was irgendwie schon wieder lustig ist.
Fluesternd und schleichend laufen wir also im Gaensemarsch hinter unserem Guide durch den dichten, gruenen Dschungel. Zunaechst sehen wir nur verschiedene Arten von Voegeln, doch dann wirds spannend: Segon hat die Spur von einer Herde Dschungel-Schweinen aufgenommen an die wir uns vorsichtig immer naeher heranschleichen. Zuerst sehen wir nur die Fussspuren im Schlamm, dann hoeren wir ihr Getrampel im Unterholz, ihr Grunzen und das laute Knacken ihrer Zaehne beim zerkauen der Nuesse. Als es schliesslich bestialisch anfaengt zu stinken wissen wir das die Schweine ganz nah sind. Im Gestruepp hocken wir auf den Knien und versuchen uns nicht zu bewegen, bis schliesslich ein Schwein nach dem anderen langsam in unser Sichtfeld trottet. Wenn man das liesst klingt es wohl kaum so spannend wie es tatsaechlich war. Natuerlich gibt es Wildschweine auch bei uns, doch in der Dschungel-Umgebung ist so ein wildes Tier schon etwas besonderes. Vorallem weil es sich bei den Dschungel-Schweinen um eine der gefaehrlichsten hier lebenden Tierarten handelt und sie in einer Horde von ca. 100 um uns herumlaufen und ziehmlich nah kommen.
Ansonsten sehen wir in den 3 Tagen noch kleine Schlangen, Fledermaeuse, Kaninchen, einen Alligator und eine Terantel die unser Guide aus ihrem Hause herausholt. Aber auch ohne spannende Tiere ist so eine Dschungel-Wanderung ziehmlich schoen und beeindruckend. Sieht man ja nicht jeden Tag so einen Urwald...
Am 2. Tag gehen wir Piranhas fischen. Das klingt spannender als es ist, besser gesagt ist es genauso langweilig wie normales Fischen. Weder Kenneth noch ich fangen etwas und da Geduld bekanntlich nicht meine Staerke ist, habe ich schnell die Nase voll. Immerhin faengt unser Guide und einer der Schweizer einen Piranha, sodass wir diese trotzdem stolz in der Camp-Kueche abgeben und zum Abendessen serviert bekommen.
Auch eine Nachtwanderung ist im Programm inbegriffen. Im stockdunklen laufen wir mit Taschenlampen durch den Wald bis zum grossen Fuss, wo wir auf durstige Tiere warten. Ausser einem Alligator koennen wir keines entdecken, aber der Sternenhimmel entschaedigt fuer alles.
Insgesamt 3 spannende aber auch anstrengende Tage mit grossartigem Essen.












Entspannungprogramm: Wir machen Ketten und Ringe
aus Nuessen und Samen die wir im Wald gefunden haben

Frittierter Piranha zum Dinner

















Im Boot durch die Pampas
Im Gegensatz zum Dschungel ist es in der Pampas sehr sehr einfach Tiere zu sehen. Anstatt des „anstrengenden“ Laufens durch den Dschungel sitzt man hier in einem gemuetlichen Holz-Boetchen und wird von einem Guide durch die Gewaesser kutschiert. In Zweierreihen sitzen wir hintereinander und suchen das Wasser und das Gebuech rechts und links nach Tieren ab. Langweilig wird es nicht, am Ufer sonnen sich Kaimane und Alligatoren, in den Baeumen wimmelt es von kleinen und groesseren Aeffchen und ab und zu steht ein putziges Capivara (riesen Bieber) im Gebuesch und starrte uns an. Aussderdem leben hier zahlreiche Vogel- und Reier-Arten die ueberall in den Zweigen sitzen.
Das tolle am Bootsfahren ist nicht nur das es aeusserst entspannend ist, sondern auch, dass man mit dem Boot ohne grossen Aufand sehr nah an die Tiere heranfahren kann und diese kaum Angst vor uns haben. Besonders putzig sind die kleinen Cappuchino-Aeffchen die nur 1-2 Meter von uns entfernt in den Aesten herumspringen und uns interessiert beobachten.

Camp und Essen sind hier aehnlich wie im Dschungel und auch eine Nachtfahrt im Boot steht auf dem Programm. Wenn man mit den Taschenlampen rechts und links ans Ufer leuchtet sieht man nichts ausser die reflektierenden, orangenen Punkte der Alligatoren-Augen. gruselig!

Am 2. Tag werden wir bereits um 5.30 geweckt, da „Pedro“ ein ca. 3m langer Alligator direkt am Wasser vor dem Camp liegt.WOW!

Heute fahren wir im Boot zu einem groesseren See innerhalb des Gewaessers der das Gebiet des „Pink River Dolphins“ ist. Sobald der Motor unseres Bootes ausgeschaltet ist fangen die Delphine an um unser Boot herum zu springen. Eines der Highlights des Trips ist es mit den rosanen Tieren schwimmen und spielen zu koennen. Darauf habe ich mich gefreut und springe todesmutig im Bikini ins undurchsichtige, truebe Wasser. Leider scheinen die sonst so friedlichen, sympatischen Tierchen mich nicht besonders zu moegen. Ich kann sie nur ein paarmal kurz beruehren bevor sie anfangen meinen Fuss zu zerbeissen. Das tut wirklich verdammt weh und ich trete voellig schockiert so schnell wie moeglich den Rueckzug ins Boot an und versuche meinen blutenden Fuss zu verarzten. Unser Guide kann nicht genau sagen was die Atakke zu bedeutet hatte, entweder die Delphine wollten nur mit mir spielen oder sie hatten Angst um ihre Jungen die sie so verteidigen wollen. Zum Glueck ist Kenneth bei den Delphinen beliebter und kann richtig lange mit einem Delphin spielen, ihn steicheln, sich auf ihn draufstellen und sich an ihm festhalten und herumziehen lassen. Sicherlich ein tolles Erlebnis auf das ich mit meinem blutenden Fuss ein bisschen neidisch bin. 













Aus der anfaenglich scheinbar absurden Idee ueber Wasser weiter in den Dschungel hinein zu fahren wurde Dank unserer netten Hostal-Familie nach und nach ein immer konkreterer Plan. Zunaechst haben wir in der halben Stadt herum gefragt ob eine solche Tour moeglich waere und niemand konnte uns weiterhelfen. Letzendlich stellte sich heraus, dass unser Nachbar „Eddie“ solche Touren mit seinem Boot schon ein paarmal gemacht hat. Sofort waren wir und unsere neuen schweizer Freunde (Tobias&Lisa) hellauf begeistert und euphorisch. Das Boot ist ein ca. 12m langes, aber sehr schmales Holzboot mit Motor und einem kleinen Sonnenschutz-Dach. Ab morgen werden wir darin in 10 Tagen ca. 800km den Fluss hinunter, tiefer in den Dschungel hinein fahren. Schlafen werden wir in kleinen Doerfern am Flussrand oder in Zelten am Strand. 1000 Liter Benzin, sowie das komplette Trinkwasser und Essen muessen wir von hieraus mitnehmen, da es unterwegs nichts mehr geben wird. Abgesehen von den Fruechten die wir im Wald finden und den Fischen die wir (hoffentlich) angeln werden. Endlich mal ein Trip der voellig abseits der ausgetrampelten Touristen-Pfade liegt. Wir freuen uns sehr und sind alle gespannt!
Wer die Strecke auf der Karte nachschauen will: Wir fahren von Rurrenabaque aus den Rio Beni hinunter bis nach Riberalta in der Naehe der brasilianischen Grenze. AHOI!


15. Mai 2013

Cholitas Wrestling & The Death Road


La Paz: Die Stadt des Shoppings!
Die gesamte Stadt ist ein einziger Marktplatz. Man findet kaum eine Strasse die nicht von Verkaufsstaenden oder auf dem Boden sitzenden Marktfrauen gesaeumt ist. Hier gibt es einfach ALLES zu kaufen – nichts was es nicht gibt. Wir besuchen den Hexenmarkt wo man getrocknete Lamas, Huehner und Kuecken kaufen kann, sowie Wundermittel, Talismane und Kraeuter gegen jede erdenkliche Krankheit und Ungluecke. Die Bolivianer sind ein aberglaeubisches Volk...






















Auf dem „schwarzen Markt“ (der so schwarz nicht sein kann, da er ein ganzes Stadtviertel umfasst) verlaeuft man sich in einem Labyrinth aus provisorischen Verkaufssaenden. Hier gibt es zu unglaublich guenstigen Preisen alles von Elektro-Artikeln bis Bekleidung. Die Marktstadt La Paz kommt uns nicht gerade ungelegen, denn da wir mitlerweile schon ueber 7 Monate unterwegs sind, ist es dringend noetig unsere Gaderobe, wie auch das sonstige Equipment ein wenig zu erneuern. Neue Schuhe, Sonnenbrillen, Socken, Unterwaesche, Taschenlampen, Jacken und was man sonst noch so braucht. Nur Kenneth‘s Pragmatismus beim Einkaufen ist es zu verdanken, dass ich noch in der Lage bin meinen Rucksack zu tragen.





























Die erste richtige Pizza seit Monaten
"Family Size"
























Auch interessant: Der Besuch einer typischen bolivianischen Eckkneipe. Hier kostet das Bier nur wenig mehr als in Supermarkt und das Ambiente ist...sagen wir mal „schlicht und einfach“. An den Tischen sitzen weniger huebsche Beispiele von maennlichen Bolivianern die trotz frueher Stunde schon das ein oder andere Bier zuviel getrunken haben. Die gesamte Szenerie ist ein wenig traurig, denn Spass scheint hier beim trinken niemand zu haben. Vielmehr wind zu zweit, oder auch alleine an einem Tisch gesessen und schweigend vor sich hin getrunken bis man einschlaeft. Auf vielen Stuehlen schlafen einzelne Personen in ulkigen Positionen vor sich hin , ohne das sich irgendjemand fuer sie interessiert. Dazu spielt die Jukebox in viel zu hoher Lautstaerke traurige Schlager aus den vergangenen Jahrzehnten. Der Hoehepunkt des abends ist eine Frau die hereinstuermt um lautstark und ausgiebig einen Betrunkenen (ihren Mann?) an zu schreien, der sein bestes tut um sie zu ignorieren.

Im hoeher gelegenen Stadtteil „El Alto“ findet jeden Sonntag das auch bei Einheimischen sehr beliebte „Cholitas Wrestling“ statt. Nach mexikanischem „Lucha Libre Style“ kaempfen hier nicht nur Maenner gegeneinander, sondern auch die sogenannten „Cholitas“, Frauen mit geflochtenen Zoepfen in der traditionellen Robe bestehende aus bunten Blusen und voluminoesen langen Roecken. Wie bei wahrscheinlich jeder Wrestling-Show wird eine riesige, voellig uebertriebene und kitschige Show veranstaltet, die allerdings auch ziehmlich amuesant und vor allem unterhaltsam ist. Die Frauen ziehen sich gegenseitig an den Zoepfen, beschimpfen sich lautstark und rollen ineinander verschlungen auf dem Boden herum. Ein grosser Spass.
Da wir schon relativ frueh in der Arena waren haben wir uns ohne grosses Nachdenken auf die vermeintlich besten Plaetze in der ersten Reihe hinter dem Ring gesetzt. Keine gute Wahl wie wir bald merken, denn vor den Essensschlachten des Publikums hatte uns leider keiner gewarnt. Als Protest gegen „falsche“ oder „parteiische“ Entscheidungen des (immer parteiischen) Ringrichters werden vom euphorischen Publikum matschige Bananen, Orangen und andere, eklige undefinierbare Dinge in den Ring geworfen. Dabei wird lautstark protestiert. Natuerlich verfehlen die meisten Wurfgeschosse ihr eigentliches Ziel und landen auf der gegenueberliegenden Seite im Zuschauerraum. Wir haben uns somit als Zielscheiben wunderbar an vorderster Front platziert.
Auch haben wir nicht damit gerechnet in das geschehen involviert zu werden. Im dritten Fight wird „Jennifer dos Caras“ von „Martha la Furiosa“ mit einem Schlag ueber die Absperrung ins Publikum hinein befoerdert. Natuerlich genau an der Stelle wo wir sitzen. Um ihren Auftritt perfekt zu machen reisst die theatralisch wuetende Frau uns noch die Popcorn Tueten aus den Haenden, schuettet sie ueber unseren Koepfen aus und verzausst unsere Haare. Ich bin so ueberrascht, dass mein Gesicht fuer den Rest des Publikums wohl selten daemlich ausgesehen haben muss.































Da wir ja bekanntlich immer mit Begeisterung dabei sind wenn es darum geht sein Leben zu riskieren konnten wir natuerlich auch die Haupt-Touristen-Attraktion von La Paz nicht auslassen: The world most dangerous road.
Frueher war dieser Weg die einzige Verbindungsstrecke zwischen La Paz und Coroico auf der in Schnitt 2-3 Fahrzeuge pro Monat die steilen Klippen hinunter stuerzten und im Nirgendwo verschwanden. Heute gibt es zum Glueck eine neue, sicherere Strasse und die alte wird nur noch von Touristen als Bike-Downhill Strecke befahren.
Mit einem Minibus wird unserer Gruppe mit den TREK-Raedern auf dem Dach zum Startpunkt der 63km langen Tour gebracht. Dort bekommen wir unsere Ausruestung zugeteilt und sehen direkt aus wie Profi-Biker. Jacke, Hose, Helm, Arm- und Bein-Schoner sollen uns vor dem schlimmsten bewahren – auf jedenfall siehts eindrucksvoll aus.
Die erste Stunde der Fahrt fahren wir noch auf einer „richtigen“, asphaltierten Strasse, das macht Spass weil man wirklich schnell unterwegs ist und sich fuehlt wie auf einem Motorrad. Das aendert sich als wir zum 2. Teil der Strecke kommen. Beim Anblick der Death Road kann man sich schon vorstellen woher der Name kommt: unasphaltiert, schmal, steinig, mit vielen krassen Kurven und einem Abgrund der so tief ist, dass man einen Sturz sowieso nicht ueberleben wuerde.
Die Aussicht und die Natur sind jedoch grossartig und wenn man nicht zu schnell und etwas vorsichtig faehrt ist die Strecke auf dem Fahrrad auch voellig ungefaehrlich. Die kompletten 63km gehen tatsaechlich nur bergab (3200 Hoehenmeter) und das Fahren macht wirklich Spass. Wer jetzt denkt das „nur bergab“ fahren unanstrengend sei hat sich leider getaeuscht. Das staendige Geruckel durch die ganzen Steine auf der Piste und das permanente Bremsen geht dermassen in die Arme, dass der letzte Teil wirklich hart ist. Der Muskelkater an den naechsten Tagen ist ebenfalls nicht zu verachten.