20. Juni 2013

Konkurs angemeldet

Nach dem letztens beschriebenen, ziehmlich langen, Aufenthalt im Dschungel tingeln wir nun wieder groesstenteils durch die groesseren Staedte des Landes. In den letzten 2 Wochen haben wir ziehmlich viel Zeit in Bussen verbracht, aber auch einiges gesehen:

Santa Cruz: Die zweitgroesste und reichste Stadt Boliviens. Besonders letzteres ist deutlich zu spueren. Alles ist sauber, renoviert und chic. Da wir seit ca. einem Monat auf eine solche kulinarische Auswahl gewartet haben schlagen wir bei dem Angebot an Torten, Eis, Snacks, Kaffee und grandiosen Mittags-Buffets masslos ueber die Strenge. Diese Stadt ist das Dessert-Paradies, soetwas haben bisher in Suedamerika noch nicht gesehen.
Ausser Essen kann man hier jedoch nicht viel machen. An einem Sonntag beesuchen wir den angeblich schoenen Zoo der Stadt – gemeinsam mit Horden an nervigen Kindern und Familien. Nicht genug, dass die Tiere in kleinen, kahlen Betonbunkern zusammen mit Plasikblumen zur Dekoration gehalten werden, sie muessen sich auch noch von den bolivianischen Besuchern mit Muell und Steinen bewerfen lassen. Wenn das auf Grund einer Glasscheibe nicht moeglich ist wird kraeftig geklopft.

Busticket-Schalter...geschlossen
















Samaipata: Spontan aendern wir den Plan und machen noch einen Zwischenstop im Dorf „Samaipata“. Absolut verschlafen, aber huebsch. Hier ist wirklich NICHTS los, aber wir landen zufaellig auf einem wunderschoenen Campingplatz. Ein Zelt haben wir leider nicht dabei, doch wir koennen eine winzige Huette (nur knapp groesser als das Bett) beziehen. Mit Lagerfeuer, Gitarrenmusik und unterhaltsamer Hippie-Gesellschaft beiben wir auch hier wieder mal ein paar Tage laenger als geplant.




wie im Center-Park, nur in echt :-)

















Cochabamba: Tolle Stadt! Der perfekte Mix aus modern und traditionell. Cafes und Restaurants ohne Ende, aber ebenso eine riesige Auswahl an Strassenessen und einen grossen wuseligen Markt. Besonders putzig sind die indigenen Frauen die an jeder Ecke sitzen und aus einer Schubkarre heraus Fruechte, Empanadas und anderes Essen verkaufen.








Selbstgemachter Honig. lecker!


Oeffentlicher Stadtverkehrs-Bus




"Kaufe Gold"
man kann es ja nicht oft genug sagen...


























Sucre: WOW! Vielleicht die schoenste Stadt die wir auf dieser Reise bisher gesehen haben. Obwohl Sucre im vergleich zu La Paz viel kleiner ist und auch der Regierungssitz in La Paz liegt ist Sucre erstaunlicher Weise trotzdem die Hauptstadt Boliviens. Wissen tut das kaum jemand und auch ich war aeusserst erstaunt als ich dies erstmals vor ein paar Wochen las.
Sucre wird auch „die weisse Stadt“ genannt, denn alle Haeuser sind hier huebsche, weisse Kolonial-Gebaeude. Um mal wieder etwas Kultur auf Augen und Ohren zu bekommen besuchen wir die „Casa de la Libertad“ wo 1825 die Unabhaengigkeitserklaerung unterschrieben wurde.
Ausserdem fahren wir in den nahegelegenen Dino-Park. Hier kann man angeblich die meisten und besterhaltensten Dinosaurier-Spuren der Welt sehen. Weniger spannend als erwartet, aber lustige lebensgrosse Dino-Nachbildungen.
Abgesehen von der schoenen Stadt haben wir hier auch mit unserer Unterkunft den Joker gezogen. Zwar wohnen wir alleine in der obersten Etage, dafuer ist unser Zimmer aber das einzige, dass direkten Zugang zur Sonnenterasse hat. Ausser uns kommt hier kaum jemand hoch und wir geniessen stundenlanges Fruehstueck in der Sonne mit Aussicht ueber die ganze Stadt.























Aussicht von der Dachterasse

Belgien? Wo ist das denn?

Frisch gepresste Saefte
an jeder Ecke fuer 30 cent

Dino-Park


Die Spuren...naja...

















Neben den schoenen Reiseberichten gibt es auch eine weniger gute Nachricht zu verkuenden:
Wir sind pleite! Es war natuerlich abzusehen, dass das Leben leider nicht ewig so weitergehen kann und nur eine Frage der Zeit bis der Kontostand soweit gegen 0 gestrebt ist das eine Loesung her muss. Die Loesung ist in unserem Fall zum Glueck noch nicht die Heimkehr, sondern AUSTRALIEN!
Am 13. August geht es von Buenos Aires um die andere Haelfte der Welt herum bis nach Melbourne. Dort werden wir dann mit „Work and Travel Visum“ hoffentlich schnell einen lukrativen Job an Land ziehen der die Reisekasse wieder auffuellt. Falls nicht haben wir ein Problem...

Obwohl die Aussicht auf einen neuen Kontinent irgendwie verlockend ist wuerden wir trotzdem lieber noch etwas laenger hierbleiben. Suedamerika ist wundervoll und es gibt noch so viel zu sehen und zu entdecken. Beschweren koenne wir uns trotzdem nicht, denn immerhin hat das Budget statt der anfaenglich geplanten 5 nun insgesamt fuer ganze 10 arbeitsfreie Monate gereicht. 

6. Juni 2013

...weils so schoen war!


Weil die letzte Bootsfahrt so schoen war und vorallem weil wir keinen Bock mehr auf 24-stuendige Horrorbusfahrten haben, haben wir beschlossen auch die naechste grosse Etappe wieder mit dem Boot zurueck zu legen. Diesmal haben wir uns auf einem Benzin-Frachtschiff einquartiert, dass die Strecke von Guayaramaerin bis Trinidad (im Landesinneren) in 8 Tagen schaffen soll. Waehrend wir fuer den letzten Trip etwas mehr investieren mussten kosten uns die 8 Tage Fahrt inclusive Verpflegung pro Person diesmal nur ca. 35 Euro.

Die "Lolita"

Hafen in Guayaramerin










































Die „Lolita“ ist ein etwas in die Jahre gekommenes Holz-Hausboot mit mehreren Kajueten, einer richtigen Kueche und einer Art Badezimmer auf 3 Etagen. Da die Kajueten alle von der Besatzung belegt sind die permanent auf diesem Schiff leben ist unser Zuhause leider nur ein Durchgangszimmer in der Mitte, wo wir in einer Ecke unsere Haengematten aufspannen und unser Gepaeck deponieren koennen.
Zum ersten Mal in meinem Leben schlafe ich in einer Haengematte und erstaunlicherweise ist das wesentlich komfortabler als ich es mir vorgestellt hatte. Nachdem man herausgefunden hat in welchem Winkel man sich an besten hineinlegt, schlaeft es sich eigntlich ganz gut.
Nicht mehr so gut schlaeft es sich allerdings zusammen mit einer Familie mit 2 kleinen (schreienden) Kindern die am 2. Tag zusteigen und ebenfalls in unserer Ecke (quasi unter unseren Haengematten auf dem Boden) schlafen. Ganz schoen eng und laut, da aber auch der riesen-Motor des Bootes, der direkt unter uns liegt,  einen hoellischen Laerm macht gleicht sich das mit dem Baby-Geschrei wieder aus.



















Die ersten paar Tage sind eine Menge Leute an Board (ca.30 Personen), an jedem moeglichen Ort sind Haengematten aufgespannt und auf den beiden Tank-Kontainern die wir vor uns her schieben sind mehrere Zelte aufgebaut. Ausserdem haengen an der Seite des Schiffes noch einige kleinere Hausboote an, die wir bis zu ihrem Ziel mitziehen. Zum Glueck steigen alle Passagiere ausser uns nach den ersten paar Tagen wirder aus, sodass wir den 2. Teil der Reise mit der Besatzung fast alleine sind.

Der Hauptunterschied zur letzten Bootstour ist, dass wir hier Tag und Nacht auf dem Boot verbringen mussen, denn auch die Nacht fahren wir durch. Das kann auf die Dauer schon mal etwas langweilig werden, vorallem weil ich leider auf dem letzten Boot alle unsere Buecher ausgelesen habe und ab dem 2. Tag mein MP3 Player keinen Akku mehr hat.
Die Besatzung scheint mit Langeweile kein Problem zu haben, waehrend ich mein bestes gebe mich trotzdem irgendwie sinnvoll zu beschaeftigen starren sie den gesamten Tag einfach nur in die Ferne und tun nichts. Wie halten die das aus? Jeden Tag das gleiche, keine Bewegung, keine Abwechslung, nur warten das die Zeit vergeht... Leider spricht die Besatzung einen mir kaum verstaendlichen Seemanns-Slang, der eine Konversation ziehmlich unmoeglich macht. Trotzdem sind alle freundlich und sympatisch.

Artesania-Produktion auf dem Deck

Unser Lieblingsplatz an Deck






























Die einzige Person die fast den kompletten Tag beschaeftigt ist, ist die Koechin, die drei mal taeglich eine etwas gewoehnungsbeduerftige Kost auftischt. Morgens um 8 werden wir geweckt mit Reis und Fleisch, am Mittag gibt es dann meistens Reis mit Kartoffeln und Fleisch und abends zur Abwechslung Reis mit Fleisch. Nichts Frisches, keine Vitamine und auch nicht lecker. Zum Glueck haben wir in weiser Vorraussicht eine groessere Menge an Fruechten, Keksen, Wein etc. eingekauft, ein kulinarisches Highlight wird diese Tour trotzdem nicht.
Da es an Board keinen elektrischen Strom und somit auch keinen Kuehlschrank gibt wird das mitgenommene Fleisch zur laengeren Haltbarkeit in der Sonner getrocknet. Zusatzlich werden unterwegs ein paar Huehner eingekauft die ihre letzten Tage lebend auf den Tank-Kontainern verbringen. Ausserdem werden grosse Piranhas gefischt und es wird auf Entenjagt gegangen. Immer wieder ein lustiger Anblick wenn die ganze Besatzung aufgeregt "Pato! Pato!" schreit und die Maenner dann wie elektrisiert aufspringen und in einem kleinen Motorboot mit einem Netz den armen Enten hinterher jagen.

An Tag 4 setzt abends ein Regenschauer ein. Was als gemuetlich prasselnder, abkuehlender Schauer beginnt, entwickelt sich zum heftigen Unwetter und ist spaetestens dann nicht mehr gemuetlich, als wir feststellen muessen, dass unser Sachlafraum alles andere als wasserdicht ist. Eimer unter die Tropfstellen zu stellen macht schnell keinen Sinn mehr, da einfach alles unter Wasser steht. Wir versuchen unser Gepaeck zu retten und koennen dann nurnoch in Decken gewickelt an den wenigen trockenen Stellen des Raumes darauf warten, dass das Unwetter vorbei zieht.

Gegen Ende der Reise wird die Umgebung besonders schoen. Neben dem Boot springen unsere Freunde, die rosa Delphine herum und rechts und links am Ufer wuchert die gruene Dschungel-Vegetation. Schoene Sonnenuntergaenge gibts fast jeden Tag zu sehen.


















Am Morgen des vorletzten Tages der Reise erwarten mich auf dem Deck 5 Riesenschildkroeten, die auf dem Ruecken liegen und verzweifelt versuchen sich mit ihren kleinen Beinchen wieder umzudrehen. Ich ahne Schlimmes und meine Vermutung wird bestaetigt, als ein Mann der Besatzung mit einem grossen Messer auftaucht: Vor mir liegt unser Mittagessen...
Ohne meinen Ekel unterdruecken zu koennen frage ich den Henker ob die Tiere denn wirklich gegessen werden. Gelaechter... „ Ja klar!“ noch groesseres Gelaechter... schnell gehe ich zurueck in die Haengematte um das Massaker am morgen nicht mit ansehen zu muessen.
Obwohl der ausgehoelte Panzer mit den Gedaermen in der Kueche liegt bekommen wir Reis mit Eiern zu Mittag. Ich gehe davon aus, dass mein schockiertes Gesicht sich bis zur Koechin durchgesprochen hat und bin beruhigt...noch...

Als wir an Tag 8 endlich den Hafen in einem Vorort von Trinidad erreichen, warten wir dort gemeinsam mit 2 Besatzungsmitgliedern in einer Bar auf ein Transportmittel in die Stadt. Diese sind hier offensichtlich rar. Es ist 11 Uhr morgens, die anderen beiden bestellen Bier und da dieses angenehm kuehl ist und wir aufs Festland anstossen wollen steigen wir mit ein ins Fruehschoppen. Da wir ziehmlich lange warten muessen trinken wir eine Menge Bier und fuehren die laengste Konversation die wir innerhalb der letzten 8 Tage mit unseren Schiffs-Kumpanen hatten. Neben allerlei Seemanns-Unsinn erfahren wir auch etwas was ich lieber nicht mehr gehoert haette: Wir haben unwissentlich Schildkroete gegessen...wuerg...Zwar nicht am besagten Mittag, jedoch am Abend. Es gab eine undefinierbare Pampe aus Bananen in der das das Schildkroeten Fleisch versteckt war. Zum Glueck habe ich bereits genug Bier auf nuechternen Magen getrunken um diese Nachricht mit Fassung zu tragen. Gerade haben wir ausserdem ergoogelt, dass Riesenschildkroeten in dieser Region noch dazu vom Aussterben bedroht sind...

Im Moment sind wir immernoch in Trinidad und hoffen heute Nacht nach Santa Cruz weiterfahren zu koennen. Seit gestern sitzen wir hier leider fest, da wie so oft eine der (wenigen) wichtigen Hauptstrassen auf Grund eines Strikes blockiert wurde. 

5. Juni 2013

Into the wild...


Mit einem Tag Verspaetung wegen schlimmen Unwetters und Problemen beim Kauf einer so grossen Menge Benzins kann es endlich losgehen. Nachdem das kleine Boot mit all unserem Gepaeck, dem immensen Benzinfass, dem kompletten Proviant und Trinkwasser-Vorrat, Camping-Ausruestung und uns selbst beladen ist, schwimmen die Kanten nur noch sehr knapp ueber dem Wasserspiegel. Es wundert mich sowieso wie eine so kleine und vorallem schmale Boot-Konstruktion soviel Gewicht tragen kann...Zur Sicherheit befinden sich unsere (sehr wenigen) wertvollen und nicht-wasserdichten Besitztuemer in versiegelten Tueten.

Unser bepacktes Boot (ganz rechts)













Die Crew (von links nach rechts):
Inga, Kenneth, Eddie (Kapitaen),
Lisa & Tobias (die Schweizer), Juan Pablo (Hilfskapitaen)






















In diesem Boot werden wir die naechste Zeit verbingen. Muy bien! Alle sind bester Laune und mit 15 bis 20 kmh tuckern wir dem Horizont entgegen.

Pro Tag verbringen wir ca. 6 bis 8 Stunden im Boot, mittags halten wir an einem schattigen Plaetzchen am Ufer zum Kochen und ab 16.30 Uhr halten wir Ausschau nach einem schoenen, breiten Sandstrand wo wir unser Nachtlager aufschlagen koennen. Sobald dieses gefunden ist beginnt die immer gleiche Zeremonie: Schlange bilden und Boot entladen - Zelte aufbauen - Abendessen kochen und essen - Lagerfeuer machen.
Fuer Kenneth und mich, sowie fuer Lisa und Tobias gibt es jeweils ein Igluzelt als Nachtbehausung, die beiden Guides schlafen unter einer aus Staemmen, Lianen  und einer Plane bestehenden selbstgebauten Konstruktion.
Zum Kochen haben wir einen richtigen Gasherd dabei und das Essen ist immer hervorragen. So hervorragend sogar, dass ich unseren (zugegebener massen etwas ueberdiminsionierten) Vorrat an Keksen, Schokolade & Co fast garnicht anruehre.































































Puenktlich zur Daemmerung beginnt jeden Tag aufs neue der einzigst unangenehme Teil der Reise: Der Angriff der Killer-Moskitos!
In Horden fallen die nervigen Viecher ueber uns her. Ganz ehrlich: Soviele Moskitos auf einmal habe ich noch NIE in meinem Leben gesehen und wer denkt diese Beschreibung sei uebertrieben der irrt gewaltig. Um jeden unserer Koerper kreist ein riesiger Schwarm auf der Suche nach dem besten Einstichsloch und es gibt einfach kein Entkommen. Am ersten Abend hielt ich mich noch fuer aeusserst clever: „Haha, ich ziehe einfach lange Klamotten an...“ Wie naiv, das hilft garnichts! Die Moskitos sind so gross, dass sie sowohl durch Jeans wie auch durch dicke Kaputzenpullis locker hindurchstechen. Am naechsten Abend bin ich noch fester entschlossen den drohenden Bissen zu entkommen und habe die Anzahl der Bekleidungs-Schichten deutlich erhoeht: 2 Hosen uebereinander, T-Shirts, dicker Pulli, Regenjacke, Schal, dicke Turnschuhe plus das ueberteuerte Hardcore-Tropen-Mueckenspray an jeder moeglichen Stelle der Haut. Wirklich effektiv ist auch das nicht, aber besser als nichts. Erwahnt werden sollte noch, dass wir uns im Dschungel bei tropischen Temperaturen und noch dazu in der Naehe eines grossen Lagerfeuers befanden (denn Rauch vertreibt ja angeblich die Muecken...hahaha). Es ist also alles andere als spassig wie im deutschen Winter gekleidet zu sein... Trotz grosstmoeglicher Abwehrmethoden schaetzen wir die Zahl der Mueckenstiche auf ca. 400 pro Person (und auch das ist nicht uebertrieben). Zum Glueck ist in dieser Region das Malaria-Risiko relativ niedrig.



















Wenn man sich nach ein paar Tagen damit abgefunden hat gegen die Moskitos sowieso keine Chance zu haben und sich daran gewoehnt hat, dass jede Stelle des Koerpers hoellisch juckt setzt endlich die Egal-Haltung ein. Bei den unzaehlbaren Stichen kommt es auf ein paar mehr oder weniger auch nicht an. Also bleiben wir in der Nacht tapfer am Feuer sitzen und fluechten nicht mehr in die einzigst Moskito-Freie Zone, das Zelt.
Am Lagerfeuer mit den beiden Guides hoeren wir viele interessante Geschichten und lernen unter anderem die korrekte Weise des Koka-Kauens.

In fast allen Teilen Suedamerikas trifft man auf Maenner und Frauen mit merkwuerdig angeschwollenen Wangen: Darin befindet sich die Koka-Mischung: Man zerkaut ein Stueckchen Liane, spuckt dieses in eine Handvoll Koka-Blaetter, schuettet eine Art Kalkpulver darauf und formt aus diesem Gemisch einen Ball den man sich in eine Backentasche steckt. Durch langsames kauen speichelt man diesen Ball ein und stellt nach einer Weile fest, dass sowohl Zunge wie auch der restlich Mundraum betaeubt sind.
Was genau daran nun so grossartig ist, dass eine gesamte Nation dieses Ritual permanent praktiziert bleibt mir ein Raetsel. Ich persoenlich mag weder das betaeubte Gefuehl (wie beim Zahnarzt) noch den Geschmack der bitteren Blaetter.
Angeblich hilft das Koka-Kauen aber traditionell gegen Hunger, Muedigkeit und Kaelte und hat somit besonders fuer die Bauern und Bergarbeiter durchaus seine Daseins-Berechtigung.
Die Koka-Blaetter sind die Gleichen die durch hohen Einsatz von Chemikalien zu Kokain verarbeitet werden, haben aber in ihrer natuerlichen Form nichts mit der Droge zu tun. Schon ewig vor der Entdeckung des Suchtmittels wurde die Koka-Pflanze traditionell in den Anden kultiviert und gehoert hier zum taeglichen Leben wie eine Portion Reis zum Mittag.

Ausserdem erlernen wir die Tradition von allem Leckeren und Guten immer zuerst einen Teil an „Pachamama“ zu opfern. Pachamama ist die Mutter Erde die diese Geschenke hoffentlich zu schaetzen weiss und sich dafuer wohlwollend (z.B. mit gutem Wetter) bedanken wird. Wir schuetten also brav von jedem Becher Wein einen kleinen Schluck auf die Erde (hoffentlich ist Pachamama morgen nicht betrunken...) selbiges gilt fuer Suesigkeiten, Kokablaetter und Essen im Allgemeinen.

Da wir so weit von der Zivilisation entfernt sind und der Himmel fast immer voellig klar ist leuchten die Sterne und der (fast volle) Mond so hell das man kaum Taschenlampen braucht.

Schoener als die Abende ist trotzdem der Morgen an denen wir einsam und verlassen an unserem Strand wieder wach werden. Auf der einen Seite der Rio, auf der anderen der Dschungel, sonst nichts. Schooooooen...

Ein ulkiges Erlebnis war der erste Morgen des Trips an denen wir wach werden und von unseren beiden Kapitaenen und dem Boot jede Spur fehlt. Da sie alles Gepaeck, sowie die Vorraete dagelassen haben sind wir zunaechst beruhigt, werden aber nach einiger Zeit doch etwas nervoes. Nach ein bis zwei Stunden hoeren wir denn endlich das bekannte Tuckern des Bootes und bekommen wenig spaeter die Erklaerung: Garnicht weit von unserem Camp ist ein vollbeladenes Fischerboot mit seiner Ladung (kiloweise Fisch) auf Grund gelaufen und waehre wohl mit seiner kompletten Ladung umgekippt wenn unsere hilfsbereiten Guides ihnen nicht in unserem Mini-Boot zur Hilfe geeilt waehren. Als Dank fuer ihren Einsatz haben Sie einen riesigen Fisch (ca. 1m) bekommen der unser schmackhafes Mittagessen wird.























Die Zeit auf dem Boot vergeht super schnell. Da es kaum Wellen gibt und das Boot dementsprechend fast garnicht wackelt ist das Fahren sehr angenehm und man kann sich die Zeit prima mit Lesen, Schreiben, Musik hoeren, quatschen, frische Fruechte verzehren und in der Gegend herumgucken vertreiben.
Ab dem dritten Tag bauen wir unser Boot in eine Werstatt um und sind alle fleissig am saegen, schleifen und schneiden. Wir machen Ringe aus Mini-Kokosnuessen, Anhaenger aus Palmfruechten, Trinkbecher aus Kokosnuessen und Teller aus einer anderen grossen Frucht. Erstaunlich was man alles mit einem Schweizer Taschenmesser und etwas Schleifpapier herstellen kann
Auch sonst sind wir voll angekommen im Hippie-Leben: Von dem ganzen Sand und Schlamm sind wir voellig verdreckt und unsere Klamotten haben sich Kamelion-maessig der Umgebung angepasst. Alles knirscht ist eingesandet und braun. Wenn man jedoch einmal den Zustand erreicht hat an dem man dreckiger ist als der sandige, truebe Fluss spricht auch nichts mehr dagegen in diesem eine morgendliche Dusche zu nehmen...zumindest fuer den weiblichen Teil der Besatzung... Angeblich soll es in diesen Gewaessern naemlich den beruechtigten Penis-Fisch geben der,vom Urin angelockt, ins maennlichen Geschlechtsteil schwimmt, sich dort festbeisst, waechst und nur durch eine Amputation wieder zu entfernen ist.

















Mittagessem auf dem Boot




































Wie abgehaertet wir mittlerweile sind stellen wir fest als wir am Abend des sechsten Tages auf einen Alligator zusteuern der an einem huebschen Strand in der Sonne liegt. Zunaechst dachte ich wir wollten uns das Tier nur aus der Naehe ansehen, aber nein, wir errichten genau an dieser Stelle unser Nachtlager. Der Alligator hat sich natuerlich durch uns aufgeschreckt davon gemacht, aber das haelt uns nicht davon ab spaeter noch an genau dieser Stelle ein Bad zu nehmen. Auch die vielen Tierspuren die wir immer an den Straenden vorfinden (laut Eddie von Tapiren, Wasserschweinen und groesseren Voegeln) haben uns nur die ersten Male verunsichert. Leider bekommen wir ausser den Muecken kaum eines der Tiere zu Gesicht.

Entlang des Rio Beni gibt es bis auf einige wenige, kleine Kommunidades kaum menschliches Leben anzutreffen. Wenn wir an einem solchen Mini-Dorf vorbeikommen nutzen wir meist die Chance um unsere Vorraete an frischen Fruechten wieder aufzufuellen. Die Bewohner sind immer sehr freundlich und neugierig und wir sind willkommen uns an den vollbehangenen Fruchtbaeumen zu bedienen. Das bedeutet, jeder traegt soviele Grapefruits, Orangen und Kokosnuesse wie er tragen und unterwegs verspeisen kann.






















Am letzten Tag der Reise haben wir tatsaechlich kaum noch Proviant (zum Fruehstueck gibt es gekochte Kartoffeln) und auch das Benzin ist so knapp, dass bis zum Schluss nicht feststeht ob wir es bis in den Hafen von Riberalta schaffen werden. Wie immer geht aber alles gut und wir freuen uns tierisch ueber eine richtige Dusche und ein weiches Bett im Hostal.

Sowohl in der Dschungelstadt Riberalta, wie auch in Guayaramerin, unserem naechsten Stop, sind wir weit und breit die einzigen Touristen. Das hat leider auch zur Folge das es keine Gringo-Restaurants gibt und wir vorerst weiter auf guten Kaffee und Pizza verzichten muessen. Dafuer machen wir einen Abstecher nach Brasilien, denn das liegt nur eine 5 min Bootstour ueber den Fluss entfernt. Hier ist zwar alles deutlich teuerer, aber wir goennen uns ein typisch brasilianischen Buffet-Essen wo man seine Mahlzeit (sehr fleischlastig) traditionell pro Kilo bezahlt.