21. Juli 2013

Asado & Mate

Ueber die Grenze ins Land von Asado und Mate...
Es ist kein Clichee: Hier wird tatsaechlich fast jeden Abend gegrillt und 24/7 Mate geschuerft, egal wo man sich gerade befindet.
Beim Asado (Barbecue) wird kiloweise Fleisch auf den Grill geworfen, denn die Argentinier sind gesellige Menschen und essen gerne in grosser Runde (in unserem Fall wird stets fuers ganze Hostal gegrillt). Die Fleischmassen werden dann fast pur verzehrt, denn je weniger Beilage, desto mehr Fleisch passt in den Magen. 
Das gesellige Mate-trinken ist da schon komplizierter, denn hierfuer gibt es sehr genaue Regeln die einem schnell mit ernster, wichtiger Mine beigebracht werden:
Wenn man von jemandem auf einen Mate "eingeladen" wird nimmt man dessen Mate-Gefaess und trinkt dieses relativ schnell (denn die anderen wollen ja auch noch) allerdings nicht zu schnell (denn man soll ja geniessen) aus. Eine Totsuende ist es den Metall-Strohhalm zu bewegen oder gar zu versuchen das Gebraeu damit umzuruehren. Das bewegen des Strohhalms, sowie das Nachfuellen von heissem Wasser oder Kraeutern ist ausschliesslich dem Besitzer der Tasse gestattet. Beim zurueckgeben der Tasse wird sich grundsaetzlich nicht bedankt, da dies sonst als unfreundliches "Danke, ich habe genug!" verstanden wird und man die Tasse dann nicht wieder angeboten bekommt.

Um uns hier ins soziale Leben zu integrieren haben auch wir als aufmerksame Touristen heute in unsere erste Mate-Tasse plus Strohhalm und Kraeuter investiert. Die direkte Nutzung wurde uns allerdings strengstens untersagt, denn zunaechst muss man die Tasse ein paar Tage mit Kraeutern gefuellt einweichen lassen damit sie bei der anschliessenden ersten Benutzung das richtige Aroma verbreitet. Das ganze ist eine aeusserst komplexe Wissenschaft und das lustigste daran ist wie Ernst diese hier genommen wird.

Ansonsten ist Argentinien deutlich anders als die Laender zuvor. Eigentlich fuehlen wir uns hier fast wie in Europa, die bisher gesehen Staedte koennten durchaus auch in Spanien liegen. Das finden wir zwar weniger spannend, geniessen allerdings trotzdem die dadurch gegebenen Vorteile wie z.B. riesige Carrefour-Supermaerkte, Heizungen und tolle Hostals mit guten Matratzen und immer heissen Duschen. Das ganze hat natuerlich seinen Preis und mit dem Budget vom Bolivien kommen wir hier nicht sehr weit.

Zum Glueck haben wir schon vorher von anderen Backpackern gehoert wie beliebt amerikanische Dollar in diesem Land sind. Auf Grund von starken Kursschwankungen des argentinischen Pesos in den letzten Jahren haben die Argentinier das Vertrauen in ihre Waehrung voellig verloren. Ihr Gespartes (z.B. ihre Rente) horten sie deshalb aus "Sicherheitsgruenden" in Dollarscheinen unter ihrer Matratze. So kommt es, dass der amerikanische Dollar hier hoch im Kurs steht, besonders natuerlich auf dem Schwarzmarkt. Obwohl wir vorher nicht genau wussten wie das ganze funktionieren soll sind wir sicherheitshalber mit unserem kompletten Budget in Dollarscheinen eingereisst und es hat sich gelohnt.
Der Prozess laeuft immer gleich ab:
Man sucht gegenueber der offiziellen Wechselstuben nach unauffaellig-auffaelligen Maennern die dort unauffaellig-auffaellig herumlungern. Wenn man an diesen vorbeigeht und sie einem ein leises "Cambio, Cambio!?" zuraunen fragt man nach dem Kurs und sagt dann wie viel man wechseln moechte. Obwohl sicherlich jedem (auch der Polizei) absolut klar sein duerfte was hier abgewickelt wird versteckt man sich trotzdem der Form halber hinter der naechsten Hausecke und tauscht die Scheine aus. Wir haben beschlossen, dass das dabei entstehende Risiko relativ gering ist und sich durchaus lohnt. Der Schwarzmarkt-Kurs ist gut ein Drittel hoeher als der ofizielle Kurs und das teure Argentinien so ein gutes Drittel preiswerter fuer uns.

Die Argentinier selber waren schon vor der Einreise in dieses Land mein Lieblingsvolk. Bereits in den vorherigen Laendern waren sie immer leicht daran zu erkennen, dass Sie extrem offen und freundlich sind, meist fast ohne Geld unterwegs sind und sich die Reise mit Strassenmusik oder dem Verkauf von selbst gebackenem oder gebasteltem finanzieren.
Gerade sind in Argentinien die offiziellen Winterferien, weshalb fast das ganze Land auf den Beinen ist. Der Eindruck hat sich hier bestaetigt: Egal wo wir ankommen wir werden direkt ins Geschehen integriert und so offen und freundlich aufgenommen wie ich es selten zuvor erlebt habe.

Furchtbar ist lediglich der Dialekt der hier gesprochen wird. Eine Menge Laute werden wie "sch" ausgesprochen, sodass die Sprache fuer mich hier klingt wie ein einziger lispelnder Sprachfehler. "Yo me llamo..." wird hier bespielsweise ausgesprochen wie "Scho me schamo...". Auch wenn mich mit meinem Spanisch hier niemand versteht werde ich mich weigern diese Betonung anzunehmen!

Bisher sind wir nach dem unkompliziertem Ueberqueren der Grenze bis Salta gefahren und von dort aus nach Cafayate und Tafi del Valle. Seit gestern sind wir im ziehmlich unspektakulaeren Tucuman und brechen morgen auf Richtung Cordoba. Nachdem wir in Bolivien das Weingebiet gerade verlassen haben sind wir in Cafayate direkt ins naechste gerutscht. Neben Bodegas und Weindegustationen war besonders die "Quebrada" eine Mondlandschafts-Felswueste ein Highlight.

Leider ist gerade Winter in Argentinien und wir scheinen uns in einer seltenen Zeit des totalen Kaelteeinbruchs zu befinden. Alles ist grau und kalt, in der Gegend um Buenos Aires scheit es sogar gerade...



Salta


...wie in Spanien - Kirchen, Plazas und Cafes

Weinanbaugebiet Cafayate





Touren in die Umgebung Cafayates









Die "Quebrada" auf dem Weg von Salte nach Cafayate







Gemuetliche Hostals mit Heizpilz gegen Kaelte!!!!








4. Juli 2013

Wild Wild West

In Tupiza geht es weiter mit den krassen Natur-Erlebnissen: Neben dem Dorf liegt die „Valle hermoso“. Ich war zwar noch nie im wilden Westen, aber Fernsehen und Film haben mir gezeigt, dass es dort genauso aussehen muss wie in diesem Tal. Also der perfekte Ort um ihn auf dem Ruecken eines Pferdes zu erkunden und laut „Yiieeehaaa“ zu schreien.

Angst vor den Pferden habe ich seit unserem Ausritt in Kolumbien nicht mehr und fuehle mich schon nach kuerzester Zeit wie ein Cowgirl (das mag auch an dem Hut liegen den wir vorher aufgesetzt bekamen). Auch das WOW-Gefuehl laesst nicht lange auf sich warten. Roetliche Felsen in allen moeglichen Formationen umgeben von einer sandigen und trockenen Wuestenlandschaft und meterhohen Kakteen.








Perfektes Picknick


Einen Teil der Strecke muessen wir auf einer sandigen Strasse entlangreiten, auf der einen Seite Fels, auf der anderen eine steile Klippe. Ploetzlich hoeren wir ca. 50m hinter uns einen lauten Knall. Als sich der aufgewirbelte Staub gelegt hat sehen wir ein in den Fels geknalltes Auto.
Que passó? Ein Reifen des Autos ist geplatzt, der Wagen hat sich um sich selbst gedreht und ist dann in den Fels gekracht. Obwohl man Sicherheitsgurte hier aus Prinzip nicht benutzt ist dem Fahrer bis auf eine kleine Verletzung wundersamerweise nichts passiert. Doppeltes Glueck: Waehre der Wagen anstatt in den Fels in den Abgrund geschleudert wurden, waehre ein Ueberleben des Fahrers ausgeschlossen gewesen. Waehre der Reifen 50m spaeter geplatzt, wuerde ich nun kein Blog mehr schreiben.


Nach soviel Natur und Action muessen wir jetzt erstmal wieder runterkommen und nichtstun. Seit 3 Tagen sind wir in Tarija, dem Zentrum der Weinregion Boliviens. Auch wenn ich in Deutschland noch nie etwas von bolivianischen Weinimporten gehoert und gesehen habe sind diese durchaus nicht zu verachten. Der Rotwein ist sogar so gut, das ich als Weisswein-Fan diesem voellig abgeschworen habe.

Mit der „Casa Blanca“ haben wir hier ein Hostal gefunden, das so toll ist, dass wir uns wie zuhause fuehlen. WG Athmosphaere im riesigen Wohnzimmer, die selbstgemachte Lasagne steht im Ofen und der Kafee neben dem Laptop. Heute haben gibts eine Grillparty im Innenhof. Hier tun wir offiziell nichts ausser uns durch das Sortiment der vielen Bodegas der Region zu trinken und lange zu schlafen.
Ausserdem ist Tarija die letzt Station in Bolivien bevor es in den naechsten Tagen ueber die Grenze nach Argentinien geht.

Da es auch hier noch etwas kalt ist
"muessen" alle Hunde Kleidung tragen...

Weisse Wueste, bunte Lagunen und Minusgrade

Uyuni ist ein unspekatakulaeres, haessliches kleines Dorf wo es nichts gibt ausser sehr schlechte „Pizzaria italiana“. Ich bin mir nicht sicher ob man hier weiss wer oder was Italien und/oder eine Pizza ist, dies haelt die Einwohner jedoch nicht davon ab ca. 20 dieser Restaurants nebeneinander zu eroeffnen.


Auch hier: Die immer gleichen Staende mit den immer gleichen Souvenirs



Der einzige Grund weshalb man ueberhaut in dieses saukalte Dorf kommt ist der „Salar de Uyuni“ die groesste Salzwueste der Welt. Auf einer Flaeche von 12.000 m2 liegen hier 10 Milliarden Tonnen Salz. Die Salzschicht ist auf der gesamten Flaeche 3-5m dick, sodass man mit dem Jeep problemlos ueberall drueber fahren kann.

Wie wahrscheinlich jeder Tourist in Bolivien buchen auch wir die 3-taegige Tour zum Salar und dessen Umgebung, eine der touristischen Hauptattraktionen des Landes.
Nach einer eiskalten Dusche bei Minusgraden im Hotel (Heizungen gibts hier nicht) sind wir startklar und warten mit unserem Gepaeck am Strassenrand auf unseren Jeep. Von anderen Reisenden haben wir berits eine Menge abenteuerliche Storys von schrottreifen Jeeps und permanent betrunken Fahrern gehoert und sind somit zurecht voller Vorfreude. Nachdem wir fast erforen sind kommt mit gut einer Stunde Verspaetung unser Fahrer und hat zudem noch unsere gemieteten Schlafsaecke vergessen. Die ganze Gruppe ist angepisst. Es kann also nurnoch besser werden und das wird es auch.

Der erste Stop liegt nur 10 min von Uyuni entfernt und ist ein alter Eisenbahnfriedhof. In einer Art Wuestenlandschaft stehen ca. 100 alte, verrostete Lokomotiven und Wagons herum. Grossartige Fotokulisse und ein toller Spielplatz, da man ueberall hinein und herauf klettern kann.





Als naechstes folgt berits die Hauptattraktion: Die Salzwueste! WOW! Weiss in alle Richtungen wohin man auch schaut, bis zum leuchtend-blauen Horizont. Der weisse Boden sieht fast so aus wie Schnee, nur dass es hier keine Berge gibt, sondern alles auf einer ebenen Flaeche liegt. Soetwas haben wir noch nicht gesehen und sind wirklich begeistert.
Auf Grund der gegebenen Naturbesonderheiten ist jeder Tourist hier verpflichtet moeglichst bescheuerte Fotos zu machen.










Ueber die Salzschicht fahren wir weiter bis zur „Isla del Pescado“. Fische gibt es hier natuerlich nicht, die Insel ist vielmehr eine Art Fels der sich wie eine Fata Morgana aus dem Weiss erhebt. Hier waechst nichts als Kakteen, die bis zu 8m hoch sind.




Die Unterkunft fuer die erste Nacht ist ein Salzhotel am Rande der Wueste. Hier ist alles aus Salz: Die Waende, der Boden, Tische, Stuehle, Betten...



Obwohl es am ersten Tag schon unglaublich kalt war, erleben wir am zweiten Tag tatsaechlich noch eine Steigerung in die Minusgrade. Mal wieder fallen wir unserer schlechten Ausruestung zum Opfer, denn wirklich warme Kleidung haben wir nicht dabei. Da bleibt nur das Zwiebelprinzip: In insgesamt 6 Schichten tragen wir alle Pullis und Jacken die wir dabeihaben uebereinander. Dazu natuerlich Strunpfhosen unter den Jeans, mehere Paar Socken, Schal und Muetze. Wir frieren trotzdem schrecklich.


Zwiebelprinzip


Am Tag Nr. 2 verbringen wir mehr Zeit im Jeep da wir weitere Strecken zuruecklegen muessen. Das macht jedoch garnichts. Erstens ist der Jeep der einzige Ort an dem es warm ist und zweitens wirds nicht langweilig da der Ausblick aus dem Fenster wirklich beeindruckend ist. Die Landschaft wechselt von Sandwueste zu schneebedeckten Gletschern und bizarren Felsformationen. Eine Strasse gibt es hier nicht, aber an den Spuren der anderen Jeeps im Sand/Schnee/Salz kann man sich wohl etwas orientieren. Zwischendurch muessen wir uns ueberwinden den warem Jeep zu verlassen um verschiedene Lagunen, Vulkane und Fels-Landschaften anzuschauen. Alles wunderschoen. So schoen, dass man es auf Fotos niemals so festhalten kann wie es im Original ausgesehen hat. Hier ein Versuch:


















Irgendwann fahren wir ueber den 5000m Pass (neuer persoenlicher Hoehenmeterrekord) zum beruehmten „Arbol de Pierdra“. Hier erreicht auch die Kaelte ihren Rekord. Es ist so kallt das es wehtut und man es im Schnee-Wind kaum aushaelt. Zu allem Uebel versinke ich auf der Suche nach einem windgeschuetzten Pinkelplatz noch dazu bis zur Huefte im Schnee und habe den Rest des Tages nasse Eis-Fuesse.

Steinbaum


Am Abend erreichen wir voellig durchgefroren unsere „sehr schlichte“ Unterkunft in der es fast noch kaelter ist als draussen. Mitten im Schnee steht die weder isolierte noch winddichte Huette. Um uns aufzuwaermen spielen wir mit den Jungs aus unserer froehlichen Reisegruppe Poker. Obwohl weder Kenneth noch ich die geringste Ahnung von den Regel dieses verwirrenden Spiels haben ziehen wir die anderen gnadenlos ab und am Ende gewinnt Kenneth den Pott von 60 Bilivianos. Die anderen (alles erfahrene Poker-Spieler) sind beleidigt und bei der naechsten Runde steigen wir lieber aus.

Am 3. Tag geht es durch die schoene Natur wieder zurueck nach Uyuni. Wahrscheinlich sind wir die einzige Gruppe die diese Tour ganz ohne Autopanne und andere Katastrophen ueberstanden hat.
Die Natureindruecke dieser 3 Tage gehoeren definitiv zu den schoensten, aber auch kaeltesten meines bisherigen Lebens. Auf jeden Fall ein Highlight der gesamten Reise, das Guidebook hat nicht uebertrieben.
Um nicht laenger als unbedingt noetig in der Kaelte zu bleiben nehmen wir noch am selben Abend einen Nachtbus nach Tupiza, wo es wenigstens etwas waermer sein soll.

Zum Glueck ist es dunkel und man kann die Selbstmord-Klippen-Piste ueber die wir fahren nur ansatzweise erkennen.