29. Januar 2013

Eine Woche mit den Shuar


Um den Dschungel in Ecuador zu erleben ohne in dekadenten, ueberteuerten Touristen-Lodges zu naechtigen haben wir uns dazu entschlossen eine Woche als Volunteers ins Resevat der Shuar zu ziehen. Die Shaur sind eine der indignen Gruppen Suedamerikas die ein riesieges Stueck (wilden) Dschungel verwalten. Dem ein oder anderen vielleicht bekannt durch die beruehmten von ihnen angefertigten Schrumpfkoepfe die sie aus ihren Feinden angefertigt haben – doch das ist lange her...

Auf der Strasse durch den Dschungel muss der Bus am Km-Stein 48 mitten im nirgendwo angehalten werden, dort liegt das Reservat. Komfortabler als wir erwatet haben wohnen wir in einem Holzhaus auf einer kleinen Lichtung wo es sogar „richtige“ Toiletten und Duschen gibt.


















Von der Anreise sind wir hungrig und freuen und auf das Mittagessen, dass uns in 15 min serviert werden soll. Die Ernuechterung kommt schnell es gibt: Schleimige Fisch-Bananensuppe mit Bananensaft und Bananen als Beilage. Besonders die Suppe ist einfach wirklich wiederlich. Da es jedoch unsere erstes Mahlzeit dort ist, noch dazu im Beisein der Indigenas, wollen wir nicht unhoeflich sein und alles unberuehrt stehen lassen. Doch der Preis der Hoeflichkeit ist hoch, sehr hoch, ich muss mich wirklich anstrengen das Wuergen zu unterdruecken und den Schleim irgendwie durch meine Kehle zu bekommen.

Zum Glueck sollte diese Suppe das mit Abstand ekligste  Essen der gesamten Woche bleiben, doch niemand wird glauben wie viele andere (nicht wirklich leckere) Gerichte man aus Bananen kochen kann. Die Shuar leben (fast) autak, also nur von dem was sie in ihrem Wald anbauen, ernten, erlegen oder finden koennen und das sind offensichtlich leider zu 90% Bananen.

Abgesehen vom Essen und den anfaenglichen Fluchtgedanken hatten wir dann aber doch eine sehr interessante, erlebnisreiche und schoene Woche. Unser Wochenprogramm war ein angenehmer Mix aus spassigen Ausfluegen in den Wald, dem Kennenlernen des Lebes der Shuar und ein wenig Arbeit – also eher Voluntourism als wirkliche Volunteer-Arbeit.

Die Arbeit: Damit Bananenpflanzen ordentlich wachsen koennen brauchen sie Platz, muessen also von dem bis zu 2m hohem „Unkraut“ das sie umwuchert befreit werden. Motorisierte Hilfe gibt es nicht, alles reine Handarbeit. Mit einer messerscharfen ca. 70cm langen Machete schlaegt man sich durch das Gruenzeug und haut alles in Stuecke was nicht Bananenbaum ist. Das macht Spass, ist ein gutes Workout, baut Agressionen ab -  ist aber nach einer Stunde auch ganz schoen anstrengend. Besonders wenn einer der unkalkulierbaren Regenschauer einsetzt und man quasi wie unter einer Dusche weiterarbeitet.
Ausser dieser Haupttaetigkeit des Machete schwingens haben wir Samen gepflanzt, waren fischen und haben Holzbalken fuer eine neue Huette den Berg hochgetragen. Die Erfahrung, dass die Shuar (die durchweg nur halb so gross sind wie ich) die 4fache Menge an Brettern tragen koennen war inklusive. Mit einem mittleidigem Laecheln wird mir mittgeteilt, dass das wohl daran liegen wuerde, das unsere Koerper von der ganzen Arbeit am Computer verkuemmern. Wie auch immer, ich bin verdammt froh das Privileg zu geniessen mit meinem Kopf arbeiten zu duerfen, anstatt mit dem Koerper.







Der Fang des Tages


































Der Spass: Mit Alex unserem Guide marschieren wir durch den Wald, der bei Sonnenschein wunderschoen aussieht, wie die Kulisse eines Indianer Johnes Films. Wir sehen unglaublich hohe Baeume von denen Lianen bis zum Boden herabhaengen, alle Nuancen der Farbe Gruen die man sich vorstellen kann und Lichtungen von denen man soweit das Auge reicht nichts als Wald und Dschungel erkennen kann. Zwischendurch erzaehlt er uns Geschichten seiner Vorfahren, zeigt uns alle moeglichen Naturheilpflanzen und Tier-Spuren im Boden. Leider (oder zum Glueck) treffen wir weder das gefaehrliche Dschungelschwein, noch den Jaguar oder die Anaconda an. Auch die Terantulas wollen nicht aus ihren Hoehlen kommen um sich unseren Kameras zu zeigen.
Am Ende der Woche machen wir einen Ausflug zu etwas tiefer im Wald liegenden Wasserfaellen wo wir in einer Huette am Hang uebernachten. Nach einer spekatkulaeren Klettertour nach unten und einer Dusche in den Wasserfaellen, sollen wir neue Energie fuer den Rueckweg tanken. Da (Zitat) „alles was die Natur hervorbringt nicht als Droge zu bezeichenen ist“, bekommen wir ein Gemisch aus Harz und Wasser gereicht, das wir uns durch die Nase ziehen sollen. Da wir als eingeladene Touristen die Jahrhunderte alten Traditionen der Vorfahren nicht in Frage stellen koennen und wollen gibts kein Zurueck. Der grossartige Effekt: ca. 5 min langes Prusten und Schnaufen, traenende Augen und ein brennender Kopf – danach fuehlen wir uns exakt so wir vorher. Doch es geht noch weiter...ein anderes Wundermittel zur Kraftgewinnung ist eine Bluete die man verspeisen muss. Nachdem wir diese allesamt gegessen und fuer schmackhaft befunden haben, wird uns ihr Inhalt gezeigt. In der Bluete leben viele kleine larvenartige Wuermchen die sich nun allesamt munter in unseren Maegen tummeln.





















Das Leben: Wenn man zurueck in die Huette kommt ein Huhn bruetend auf seinem Bett vorzufinden, kein einziges Kleidungsstueck mehr zu besitzen dass nicht voellig eingeschlammt oder durchnaesst ist, schon nach wenigen Tagen schockiert feststellen wie gross die Sucht nach Cola und Schokolade sei kann, 45min zum naechsten Buedchen laufen um dort feststzustellen das die Schokolade ausverkauft ist, vom Familienoberhaupt erfahren wie es sich mit 2 Ehefrauen, 23 Kindern und ueber 30 Enkelkindern so lebt, am Lagerfeuer traditioneller Shuar-Musik lauschen und von Moskitos zerstochen werden, realisieren dass Ananass´ auf einem Kaktus wachsen, und vieles mehr...


Die einzige "Suessigkeit" im Dschungel: Zuckerrohr




Wenn Regen, dann richtig!
































Trotz allem sind wir nach einer Woche froh wieder zurueck in der Zivilisation zu sein, unsere Klamotten komplett waschen zu lassen und abwechselnd Burger, Pommes, Pizza und Donuts in uns hineinzuschaufeln.
Heute sind wir in Cuenca angekommen. Hier sieht es exakt so aus wie in einer mittelgrossen spanischen Stadt und aehnlich toll ist auch das Nahrungsangebot.


17. Januar 2013

Downhill in den Dschungel


Nach mehrtaegigem Zwangsaufenthalt in Latacunga wegen Krankheit von Kenneth (nichts schlimmes „nur“ das uebliche Magen-Darm-Chaos) konnte es endlich wieder weitergehen.

Der Loop durch die kleinen Andendoerfer hat sich auf jeden Fall gelohnt – Hoehepunkt war die Quilotoa-Lagune, ein Kratersee mitten in den Bergen, sowie die Fahrten von einem Dorf ins andere. Auf unbefestigten Strassen rumpelten wir durch schoenstes Bergpanorama. Transportmittel waren unter anderem schrottige Kleinbusse aus denen waehrend der Fahrt die Sitze heraufielen oder ein Milchlaster der an jedem einsamen Bauernhaus anhaelt um die „Milchernte“ des Tages einzusammeln.



Anscheinend habe ich tatsaechlich meine Reisekrankheit ueberwunden, trotz Strecken die kurviger und rumpeliger nicht sein koennten wird mir (auch ohne Tabletten) nicht mehr schlecht – das nennt man wohl Desensibilisierung. Juchuuuu!


auf der Ladeflaeche des Milchlasters - nicht bequem aber lustig.


































Die letzten 3 Tage haben wir in Baños verbracht. Die Stadt liegt ziehmlich schoen in einem Tal umrundet von gruenen Bergen, Wasserfaellen und einem Vulkan, ist jedoch deshalb leider auch ein absoluter Touristenmagnet.

Mit gemieteten Profi-Trekkingraedern sind wir eine ca. 60km lange Downhill-Strecke von der Stadt bis hinunter in den Dschungel geduesst. Durch gruene Taeler und Berge, an tiefen Schluchen entlang und vorbei an spekatakulaeren Wasserfaellen. Zurueck kann man zum Glueck einen Bus nehmen.




















Ausser fuer Natur und Toffee ist die Stadt vorallem beruehmt fuer seine Thermalbaeder. Wenn man jedoch schonmal ein Wellness- oder Thermalbad bei uns besucht hat sind diese im Vergleich einfach nur unspektakulaer, klein, dreckig und eklig...


"Bei Ausbruch des Vulkans nach links laufen"































Morgen geht es weiter nach Puyo und von dort aus tiefer in den Dschungel hinein.

7. Januar 2013

Kaese & Schokolade auf 3500m


Der Strand-Urlaub ist beendet und wir sind von der Kueste zurueck in die Anden auf 3500m Hoehe gefahren. Nicht nur der Hoehenunterschied ist enorm, sondern auch der Temperaturunterschied. Flip Flops und kurze Roecke koennen wirder ganz unten im Rucksack verstaut werden und stattdessen kommen die Wollsocken und Muetzen zum Einsatz.

Von der Kueste nach hier haben wir einen kurzen Zwischenstop in Guayaquil, der groessten (und wahrscheinlich auch haesslichsten) Stadt Ecuadors eingelegt.

Dort sind wir voller Vorfreude in den Bus Richtung Innland gestiegen, da die Strecke in unserem Guidebook als besonders toll beschrieben wurde: Man faehrt nur wenige Kilometer am Gletscher des Chimborazo-Vukans vorbei, sieht wilde Lamas und spekatkulaere Taeler. Wir sehen...WEISS! Das Wetter ist nicht gut und wir gucken vor eine weisse Nebelfront. Mit etwas Phantasie kann man die erste Baumzeile erahnen. Schade...
Tatsaechlich spektakulaer ist jedoch die Fahrt vom naechstgroesseren Ort nach Salinas, dem kleinen Bergdorf wo wir uebernachten wollen. Busse fahren nicht hierhin, deshalb fahren wir auf der ueberfuellten Ladeflaeche eines Pick ups mit, umringt von Maissaecken und indigener Dorfbevoelkerung, die versucht uns mehr oder weniger aussaellig zu beobachten.

































Salina war frueher ein armes, unspektakulaeres Bergdorf ... solange bis vor ca.30 Jahren zufaellig ein Schweizer hierher kam und mit ihm die wunderbare Technologie des Kaese- und Schokolade-Herstellens. So kommt es das dieses kleine 1000 Einwohner-Dorf mitten in den Anden der einzige Fleck weit und breit ist wo man richtigen Kaese und wirklich gute Schokolade bekommt. Diejenige die wissen wie sehr ich Kaese und Schokolade liebe koennen sich vorstellen wie gross meine Kulinarische-Freude war nach fast genau 3 Monaten zum ersten Mal wieder auf meine beiden Lieblings-Nahrungsmittel zu stossen.


Lagerraum in der Kaesefabrik
















Am 6. Januar wurde hier, wie auch bei uns, das Fest der heiligen 3 Koenige gefeiert – nur wesentlich exzessiver! Das gesamte Dorf ist voll mit verkleideten Menschen und der Schnaps fliesst schon am morgen in Stroemen. Es gibt leckere Essens-Staende, Umzuege mit Musikkapellen und Schauspiele bei dem die Reiter eine Diskussion mit den Koenigen fuehren. Ein lustiges Fest, nur leider wird es ab Mittags ziehmlich gefaerlich: Die Reiter sind so betrunken sind, das sie entweder auf ihren Pferden einschlafen oder diese nicht mehr unter Kontrolle haben und unkontrolliert in die Menschenmassen hineingaloppieren.





























































Morgen werden wir mit einer Menge Kaese und Schokolade im Gepaeck weiterfahren nach Latacunga und von dort aus eine Rundreise durch kleine, indigene Anden-Doerfer starten.