6. Juni 2013

...weils so schoen war!


Weil die letzte Bootsfahrt so schoen war und vorallem weil wir keinen Bock mehr auf 24-stuendige Horrorbusfahrten haben, haben wir beschlossen auch die naechste grosse Etappe wieder mit dem Boot zurueck zu legen. Diesmal haben wir uns auf einem Benzin-Frachtschiff einquartiert, dass die Strecke von Guayaramaerin bis Trinidad (im Landesinneren) in 8 Tagen schaffen soll. Waehrend wir fuer den letzten Trip etwas mehr investieren mussten kosten uns die 8 Tage Fahrt inclusive Verpflegung pro Person diesmal nur ca. 35 Euro.

Die "Lolita"

Hafen in Guayaramerin










































Die „Lolita“ ist ein etwas in die Jahre gekommenes Holz-Hausboot mit mehreren Kajueten, einer richtigen Kueche und einer Art Badezimmer auf 3 Etagen. Da die Kajueten alle von der Besatzung belegt sind die permanent auf diesem Schiff leben ist unser Zuhause leider nur ein Durchgangszimmer in der Mitte, wo wir in einer Ecke unsere Haengematten aufspannen und unser Gepaeck deponieren koennen.
Zum ersten Mal in meinem Leben schlafe ich in einer Haengematte und erstaunlicherweise ist das wesentlich komfortabler als ich es mir vorgestellt hatte. Nachdem man herausgefunden hat in welchem Winkel man sich an besten hineinlegt, schlaeft es sich eigntlich ganz gut.
Nicht mehr so gut schlaeft es sich allerdings zusammen mit einer Familie mit 2 kleinen (schreienden) Kindern die am 2. Tag zusteigen und ebenfalls in unserer Ecke (quasi unter unseren Haengematten auf dem Boden) schlafen. Ganz schoen eng und laut, da aber auch der riesen-Motor des Bootes, der direkt unter uns liegt,  einen hoellischen Laerm macht gleicht sich das mit dem Baby-Geschrei wieder aus.



















Die ersten paar Tage sind eine Menge Leute an Board (ca.30 Personen), an jedem moeglichen Ort sind Haengematten aufgespannt und auf den beiden Tank-Kontainern die wir vor uns her schieben sind mehrere Zelte aufgebaut. Ausserdem haengen an der Seite des Schiffes noch einige kleinere Hausboote an, die wir bis zu ihrem Ziel mitziehen. Zum Glueck steigen alle Passagiere ausser uns nach den ersten paar Tagen wirder aus, sodass wir den 2. Teil der Reise mit der Besatzung fast alleine sind.

Der Hauptunterschied zur letzten Bootstour ist, dass wir hier Tag und Nacht auf dem Boot verbringen mussen, denn auch die Nacht fahren wir durch. Das kann auf die Dauer schon mal etwas langweilig werden, vorallem weil ich leider auf dem letzten Boot alle unsere Buecher ausgelesen habe und ab dem 2. Tag mein MP3 Player keinen Akku mehr hat.
Die Besatzung scheint mit Langeweile kein Problem zu haben, waehrend ich mein bestes gebe mich trotzdem irgendwie sinnvoll zu beschaeftigen starren sie den gesamten Tag einfach nur in die Ferne und tun nichts. Wie halten die das aus? Jeden Tag das gleiche, keine Bewegung, keine Abwechslung, nur warten das die Zeit vergeht... Leider spricht die Besatzung einen mir kaum verstaendlichen Seemanns-Slang, der eine Konversation ziehmlich unmoeglich macht. Trotzdem sind alle freundlich und sympatisch.

Artesania-Produktion auf dem Deck

Unser Lieblingsplatz an Deck






























Die einzige Person die fast den kompletten Tag beschaeftigt ist, ist die Koechin, die drei mal taeglich eine etwas gewoehnungsbeduerftige Kost auftischt. Morgens um 8 werden wir geweckt mit Reis und Fleisch, am Mittag gibt es dann meistens Reis mit Kartoffeln und Fleisch und abends zur Abwechslung Reis mit Fleisch. Nichts Frisches, keine Vitamine und auch nicht lecker. Zum Glueck haben wir in weiser Vorraussicht eine groessere Menge an Fruechten, Keksen, Wein etc. eingekauft, ein kulinarisches Highlight wird diese Tour trotzdem nicht.
Da es an Board keinen elektrischen Strom und somit auch keinen Kuehlschrank gibt wird das mitgenommene Fleisch zur laengeren Haltbarkeit in der Sonner getrocknet. Zusatzlich werden unterwegs ein paar Huehner eingekauft die ihre letzten Tage lebend auf den Tank-Kontainern verbringen. Ausserdem werden grosse Piranhas gefischt und es wird auf Entenjagt gegangen. Immer wieder ein lustiger Anblick wenn die ganze Besatzung aufgeregt "Pato! Pato!" schreit und die Maenner dann wie elektrisiert aufspringen und in einem kleinen Motorboot mit einem Netz den armen Enten hinterher jagen.

An Tag 4 setzt abends ein Regenschauer ein. Was als gemuetlich prasselnder, abkuehlender Schauer beginnt, entwickelt sich zum heftigen Unwetter und ist spaetestens dann nicht mehr gemuetlich, als wir feststellen muessen, dass unser Sachlafraum alles andere als wasserdicht ist. Eimer unter die Tropfstellen zu stellen macht schnell keinen Sinn mehr, da einfach alles unter Wasser steht. Wir versuchen unser Gepaeck zu retten und koennen dann nurnoch in Decken gewickelt an den wenigen trockenen Stellen des Raumes darauf warten, dass das Unwetter vorbei zieht.

Gegen Ende der Reise wird die Umgebung besonders schoen. Neben dem Boot springen unsere Freunde, die rosa Delphine herum und rechts und links am Ufer wuchert die gruene Dschungel-Vegetation. Schoene Sonnenuntergaenge gibts fast jeden Tag zu sehen.


















Am Morgen des vorletzten Tages der Reise erwarten mich auf dem Deck 5 Riesenschildkroeten, die auf dem Ruecken liegen und verzweifelt versuchen sich mit ihren kleinen Beinchen wieder umzudrehen. Ich ahne Schlimmes und meine Vermutung wird bestaetigt, als ein Mann der Besatzung mit einem grossen Messer auftaucht: Vor mir liegt unser Mittagessen...
Ohne meinen Ekel unterdruecken zu koennen frage ich den Henker ob die Tiere denn wirklich gegessen werden. Gelaechter... „ Ja klar!“ noch groesseres Gelaechter... schnell gehe ich zurueck in die Haengematte um das Massaker am morgen nicht mit ansehen zu muessen.
Obwohl der ausgehoelte Panzer mit den Gedaermen in der Kueche liegt bekommen wir Reis mit Eiern zu Mittag. Ich gehe davon aus, dass mein schockiertes Gesicht sich bis zur Koechin durchgesprochen hat und bin beruhigt...noch...

Als wir an Tag 8 endlich den Hafen in einem Vorort von Trinidad erreichen, warten wir dort gemeinsam mit 2 Besatzungsmitgliedern in einer Bar auf ein Transportmittel in die Stadt. Diese sind hier offensichtlich rar. Es ist 11 Uhr morgens, die anderen beiden bestellen Bier und da dieses angenehm kuehl ist und wir aufs Festland anstossen wollen steigen wir mit ein ins Fruehschoppen. Da wir ziehmlich lange warten muessen trinken wir eine Menge Bier und fuehren die laengste Konversation die wir innerhalb der letzten 8 Tage mit unseren Schiffs-Kumpanen hatten. Neben allerlei Seemanns-Unsinn erfahren wir auch etwas was ich lieber nicht mehr gehoert haette: Wir haben unwissentlich Schildkroete gegessen...wuerg...Zwar nicht am besagten Mittag, jedoch am Abend. Es gab eine undefinierbare Pampe aus Bananen in der das das Schildkroeten Fleisch versteckt war. Zum Glueck habe ich bereits genug Bier auf nuechternen Magen getrunken um diese Nachricht mit Fassung zu tragen. Gerade haben wir ausserdem ergoogelt, dass Riesenschildkroeten in dieser Region noch dazu vom Aussterben bedroht sind...

Im Moment sind wir immernoch in Trinidad und hoffen heute Nacht nach Santa Cruz weiterfahren zu koennen. Seit gestern sitzen wir hier leider fest, da wie so oft eine der (wenigen) wichtigen Hauptstrassen auf Grund eines Strikes blockiert wurde. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen