12. Dezember 2019

Der ziellose Wanderer.

Uganda // Mzungus im Regen:


Wir hatten bereits viele Namen auf dieser Reise. Wir waren „mon ami“ in Marokko, "Toubab" in Senegal und Gambia, „Branko“ in Guinea-Bissau, "Les blanc" in Guinea-Conakry und Elfenbeinküste und "Ablonie" in Ghana. Am liebsten wäre uns, dass unsere Hautfarbe einfach keine Rolle spielen würde - doch dafür sind wir mit Uganda definitiv im falschen Land. Und so sind wir hier „Mzungu“...


Wie alle anderen oben genannten Begriffe steht auch „Mzungu“ sinngemäß für so etwas wie "weiße und deshalb reiche Menschen". Interessant ist die ursprüngliche Bedeutung des Suaheli Wortes: "ein Mensch, der sich auf der Stelle dreht" oder "jemand, der ziellos umher wandert". Geht man von letzterer Bedeutung aus, ist die Bezeichnung für uns gar nicht mal so verkehrt.

Mzungu rufenden Kindern ist dies selten übel zu nehmen, da sie sich einfach nur über unsere Anwesenheit freuen, was sehr süß sein kann. Wenig Verständnis haben wir dafür, von Polizisten oder Militärs so betitelt zu werden.

50 Meter hinter dem Grenzübergang von Ruanda nach Uganda explodiert eine Stromleitung neben uns. Menschen um uns herum laufen erschrocken und verängstigt in alle Himmelsrichtungen davon. „Herzlich Willkommen zurück“ ruft uns das Chaos aus Uganda entgegen. "Tschööö Ordnung" rufen wir traurig in Richtung des geregelten Ruandas zurück....

Am vermutlich schönsten See Ugandas - dem Lake Bunyonyi -  lassen wir uns auf der vermutlich schönsten Insel, in dem mit Sicherheit schönsten Öko-Camp nieder!  Hier stimmt einfach alles. Fantastisches essen, schönster Ausblick, nette Gesellschaft, Ruhe und Natur, entspannte Atmosphäre und sehr faire Preise ... Naja, fast alles. Wir befinden uns in der Regenzeit und diese macht sich deutlich bemerkbar. Von der gemütlichen Terrasse über dem See beobachten wir nicht nur die schöne Umgebung, sondern auch immer wieder spektakuläre Wolkenbrüche mit Apokalypsen-Stimmung.
Wir verlassen diese Insel-Oase erst wieder 9 Tage später, nachdem wir in einen Zustand der Tiefen-Entspannung verfallen sind, unsere Bücher ausgelesen haben, alle Gerichte der Menükarte (mindestens) einmal bestellt haben und all unser Bargeld ausgegeben haben.

Der Weg zur Insel: 60 min im kostenfreien Kanu (=ausgehölter Baumstamm) mit Paddel-Verpflichtung.

Ausblicke


Schleichwerbung: Das Camp heißt "Byoona Amagara" :-)


Kenneth entdeckt seine Begeisterung fürs Fliegenfischen,
eventuell liegt das aber eher am idyllischem Setting als am Angeln selber...

Socializing mit anderen Backpackern


Schon oft waren wir zur Regenzeit in verschiedenen Ländern der Erde unterwegs - das lässt sich oft nicht vermeiden bei unserer Dauer-Reiserei. Noch nie hat uns die Regenzeit jedoch so beeinträchtigt wie hier in Uganda. Es regnet täglich, richtig heftig und für viele Stunden am Stück. Viel zu oft ist unser Tagesprogramm abhängig vom Wetter oder wird von diesem durchkreuzt. Wir könnten natürlich versuchen den Regen einfach zu ignorieren, doch um pitschnass draußen herum zu laufen ist es zu kalt. Außerdem besteht ab spätestens Tag 3 das Problem, dass man nichts Trockenes mehr zum anziehen hat. Bei einer so hohen Luft-Feuchtigkeit irgendetwas zu trocknen ist nämlich absolut aussichtslos. Selbst nach Tagen des Aufhängens im Zimmer sind die Klamotten nur muffig anstatt trocken.

Man könnte meinen die Menschen hier seien an den ständigen Regen gewöhnt und stören sich nicht daran, doch dem ist nicht so. Sobald ein Gewitter sich durch die ersten dunklen Wolken und kleinen Tropfen ankündigt herrscht auf dem Straßen ein wildes, aufgeregtes Durcheinander. Straßenstände werden zusammengepackt, Motorräder und Fahrräder werden abgestellt und jeder rettet sich so schnell er kann unter das nächste trockene Dach. Dort wird verharrt bis das Gewitter vorüber ist – auch wenn es Stunden dauert. Wir hören, dass es ganz normal sei bei Regen verspätet (oder gar nicht) zur Arbeit zu erscheinen und sogar wichtige Geschäftstermine nicht wahr zu nehmen. Das glauben wir sofort, denn bei Regen sind die sonst so geschäftigen Straßen des Landes leer gefegt und ausgestorben. Das Leben steht still.

Bedrohliche dunkle Wolken und kalter Wind: Erste Anzeichen für das was kommt...

Markttag im Regen


Regeneinbruch während einer Wanderung:
Oft sind wir gezwungen eine Stunde oder mehr abzuwarten bis das Gewitter vorüber ist.





Wenn wir zwischendurch ein Zimmer bewohnen, ist es dauerhaft mit bunten Wäscheleinen dekoriert...
Kommen wir nun zu den Vorteilen einer solchen Regensaison: die Natur blüht auf und überall im Land sieht man saftig grüne Pflanzen, die in einem geradezu unnatürlichem Neon-Farbton leuchten. Wasserfälle die in der Trockenzeit nur in einem kleinen Strahl herunter plätschern werden zu spektakulären, gewaltigen Naturspektakeln.

Manchmal werden wir gefragt, ob wir uns nach so viel Reisen überhaupt noch für alles begeistern können, oder mittlerweile abgestumpft sind. Zugegeben: Wasserfälle gehören zu den Dingen die wir in solch großer Anzahl und Regelmäßigkeit sehen, dass wir nur noch selten wirklich davon beeindruckt sind. Die Sipi Falls während der Regensaison gehören jedoch in die "WOW" Kategorie, für die sich ein Besuch und eine Tour zu den drei Stufen des Wasserfalls definitiv gelohnt haben.

Sipi Falls






Da wir uns mit unserem netten Guide der Wasserfall-Tour gut verstehen machen wir am nächsten Tag gleich noch eine Kaffee-Tour mit ihm. Auch so etwas haben wir bereits in Kolumbien gemacht - absolut toll und eigentlich nicht zu toppen. Aber manchmal geht es ja auch gar nicht darum seine eigenen Erlebnisse (oder die der anderen) zu übertreffen. In Kolumbien waren wir auf riesigen Plantagen, der Kaffee wurde in großer Menge und standardisierten Verfahren produziert. Genau das Gegenteil ist hier im kleinen Ort Sipi der Fall: Die Tour ist absolut unspektakulär und gerade deshalb einfach wundervoll. Wir machen eine Art Spaziergang durchs Dorf, indem wir verschiedene Menschen und Familien treffen, die gerade mit einem Schritt der Kaffee Produktion beschäftigt sind. Vom Kaffeekirschen pflücken, trocknen, rösten bis hin zum mahlen erfolgt hier alles ohne große Maschinen und Elektrizität. Pure Handarbeit - Wahnsinnig Zeitaufwendig.

Bei einer antik-wirkenden (angeblich deutschen) Maschine, die die Kaffeebohnen von ihrer Schale befreit, ist eine Gruppe Kinder eifrig mit Drehen und Sieben beschäftigt. Wir fragen nach ob diese Aufgabe immer von Kindern übernommen wird. An der selbstverständlich klingenden Antwort unseres Guides, merken wir, dass dies hier wohl leider ganz normal und alltäglich ist. „Natürlich nur nach der Schule“ fügt er hinzu...“und auch nur für ein paar Stunden…“

Kaffeebohnen pflücken

nur die roten Bohnen sind reif

Bohnen mahlen in einer "deutschen" Maschine, die das Dorf gemeinsam angeschafft hat und abwechselnd benutzt

Bohnen rösten über dem Feuer


Endprodukt!


Wie in den meisten Kaffee-produzierenden Ländern der Erde, trinkt auch in Uganda nur ein kleiner
Teil der Bevölkerung selber Kaffee. Die im globalen Norden so geliebten Bohnen sind für die Dorfbewohner hier „nur“ ein sehr wertvolles Export-Gut und oft die einzige Einnahme-Quelle der Familien. So trinkt man auch in Uganda selber lieber den günstigeren Tee und verkauft sämtliche Bohnen die angebaut werden können an große Firmen. Natürlich zu ausbeuterischen Preisen, damit wir diese dann anschließend viel zu günstig in unseren Supermärkten kaufen können. Von Mindestlohn meistens keine Spur - sehr wenig Geld ist hier immer noch besser als gar keines.

Wer das Fair Trade Symbol auf seiner Kaffee-Packung im Schrank nicht finden kann, sollte bei Gelegenheit darüber nachdenken wie wenig uns die paar Cent mehr pro Tasse wehtun - und wie viel sie in diesen Ländern bedeuten.

Wunderschön aber ebenfalls Dauer-Verregnet: Die Krater Seen in der Nähe von Fort Portal


aufsteigender Dunst nach dem Regen

Meister der Tarnung:
Die Kinder des Dorfes hatten panische Angst vor diesem Chamäleon und sind kreischend weg gerannt,
sobald man es ihnen entgegen gehalten hat.

Die Spuren, die wir hinterlassen: Zelt-Abdruck auf Wiese




























Es mag sein, dass ich zu kritisch bin, aber auch das lokale Essen in Uganda kann mich nicht überzeugen.
Glücklicherweise gibt es hier aber genug Alternativen. Viele Inder und Äthiopier (siehe Foto) haben Restaurants in Uganda und sorgen regelmäßig für unser kulinarisches Wohlbefinden :-)



















Stoney Tangawizi: Das vielleicht beste Ginger-Beer der Welt...

...und Krest: Das leckerste Bitter Lemon, das ich je getrunken habe!
Leider wurde das Potential beider (ursprünglich afrikanischer) Getränke, von der Coco Cola Company entdeckt
und ist nun in Händen eines Multinationals den wir eigentlich boykottieren... 

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