„Uuuuuund? Wie ist das Wetter bei Euch? Und das Essen?“
Die ehrliche Antwort ist: Für keinen der beiden Punkte sollte man nach Guinea-Bissau kommen!
April und Mai sind die heißesten Monate in dieser Region. Und heiß bedeutet hier wirklich heiß! Egal wo man sich informiert, es wird stets davon abgeraten das Land in dieser Zeit zu bereisen. Mit gutem Grund! Aus eigener Erfahrung können wir berichten, dass es so ziemlich nichts gibt was bei über 40 Grad Spaß macht. Es ist einfach zu warm: zu warm zum herumlaufen, zu warm zum Essen, zu warm zum Schlafen, zu warm zum einfach nur im Schatten sitzen und nichts tun...
In einem Land wie Guinea-Bissau gibt es zudem erschwerte Bedingungen um mit der Hitze klar zu kommen. Strom ist hier nur begrenzt vorhanden - meistens ein paar Stunden ab Einbruch der Dunkelheit – und selbst dann auch nicht stabil. Das bedeutet: Gekühlte Getränke sind kaum aufzutreiben & der Ventilator im Zimmer läuft nur wenn es Strom gibt. Selbst in der Nacht kühlt es sich kaum ab und Schlafen wird zur Herausforderung.
Ein klarer Nachteil am Langzeit-Reisen ist, dass man sich die Saison in der man ein Land bereist nicht aussuchen kann. Gestartet sind wir in der besten Reisezeit, jetzt müssen wir mit der Hitze leben und im Anschluss wird uns die Regenzeit einholen...da muss man durch :-)
Und wo ich gerade dabei bin mich zu beschweren: Auch über das Essen in Guinea-Bissau (sowie ganz West-Afrika) gibt es kaum positives zu berichten. Ich befürchte, ich bin auf dem kulinarischen Tiefpunkt meines bisherigen Lebens angekommen. An sich ist die Auswahl an Gerichten schon sehr begrenzt, für Vegetarier ist es quasi unmöglich zu überleben. Das „Nationalgericht“ ist Reis mit Fisch, Hühnchen oder Fleisch. Nein, kein Gemüse, keine Sauce und auch sonst nichts Frisches. Unser „Lieblingsgericht“ in dieser kulinarischen Wüste ist: Spaghetti mit rohen Zwiebeln, Mayonnaise und Omelett...Wer sich darüber freuen kann ist ganz unten angekommen!
Selber Kochen ist ebenfalls schwierig, da es selten eine Küche gibt, die wir benutzen können. Außerdem ist es, besonders in kleineren Orten, schwierig überhaupt an frische Zutaten zu kommen.
Eine der wenigen positiven Ausreißer in unserem Speiseplan: Der Ort "Quinhamel" ist bekannt für seine köstlichen Austern mit Limetten-Sauce |
Strände von Varela |
Viel Strand, keine Menschen: Gerne teilen wir diesen schönen Ort mit Schweinen und Kühen |
Genug gemeckert:
Ich habe mich ja bereits oft darüber gewundert, wie es hinter etwas Absurden, wie einer willkürlich gezogenen Landesgrenze, auf einmal so völlig anders sein kann. Mit der Einreise nach Guinea-Bissau treffen wir diesmal auf eine bisher ungewohnte Zurückhaltung der Menschen. Anders als in den meisten vorherigen Ländern genießen wir hier ein angenehmes Nicht-Beachten unserer andersfarbigen Haut. Es ist fast schon ungewohnt wie wenig Aufmerksamkeit wir erregen. Die Menschen sind höflich und freundlich, grüßen und heißen uns willkommen...und das wars. Selten müssen wir um Preise verhandeln, wir bekommen einfach von Anfang an den „echten“ Preis genannt. Selbst Taxifahrer – die ja bekanntlich fast überall auf der Welt Abzocker sind – verlangen sofort den richtigen Preis von uns.
Landessprache ist hier Portugiesisch (bzw. Creol, ein Dialekt davon), das wir leider sehr unzureichend beherrschen. Auch mit Spanisch kommen wir nur bedingt weiter, sodass die Kommunikation deutlich schwieriger ist als zuvor. Aber irgendwie gehts immer.
Bissau, die Hauptstadt des Landes wird zu unserer bisherigen Lieblings-Stadt in West-Afrika. Warum, ist schwer zu beschreiben, denn die Stadt ist eigentlich eher verschlafen und unspektakulär. Zwischen Verfall und Romantik ist jedoch besonders die Altstadt ein Hingucker und erinnert an verlassene Filmkulissen mit viel Charme. Wir mögen die vielen versteckten Bars und Restaurants und auch den riesigen, wuseligen Bandim-Markt.
Gut, dass wir hier sowieso einige Zeit verbringen müssen, denn die Visa für die kommenden Länder müssen beantragt werden und das dauert seine Zeit.
Bandim Market... |
...einer der größten Märkte West-Afrikas. |
Bissaus Hafen |
Guinea-Bissau ist für uns auch ein Land interessanten Begegnungen.
Durch Zufall treffen wir eine deutsche Krankenschwester, die in Gabu mit deutschen Spendengeldern eine OP-Station aufbaut. Wir bekommen eine Führung durch das kleine, sehr einfach ausgestattete Krankenhaus. Medikamente sowie sämtliche andere Utensilien zur Behandlung (Kompressen, Verbände, Spritzen etc.) sucht man hier vergeblich. Wird jemand eingeliefert müssen die Patienten (oder deren Angehörige) die notwendigen Materialien in den umliegenden Apotheken kaufen. Wertvolle Zeit kann so im Ernstfall verloren gehen... Statt von Krankenwagen werden die Menschen von Taxis oder Motorrädern in die Ambulanz gebracht und auch um die Verpflegung muss sich selbst gekümmert werden. Ein paar Familien sitzen auf Decken im schattigen Hof und „picknicken“, da die Hitze in den un klimatisierten Zimmern schwer zu ertragen ist. Krank werden sollte man hier besser vermeiden.
Wir besuchen auch eine Caritas-Station, neben dem Krankenhaus wo unterernährte Babys wieder aufgepäppelt werden. Die meisten Babys sehen mittlerweile recht fröhlich und gesund aus, doch eine junge Frau hält ein unglaublich mageres Kind in den Armen. Der Kopf wirkt riesig im Verhältnis zum unterernährten Körper. Kraftlos wimmert es in den Armen seiner Mutter. Ein Arzt ist nicht ansprechbar. Heute sei Feiertag, sagte er der Mutter, sie muss bis morgen warten… Ob das Baby überlebt hat werden wir nicht erfahren, aber der Anblick wird unser Gedächtnis nicht so bald verlassen…
Ebenfalls ein Zufall ist das Treffen auf eine Familie aus Deutschland, die in das Heimatland des Vaters (Guinea-Bissau) ausgewandert sind. Zum einen als Flucht vor rassistischen Anfeindungen, denen sie mit ihren zwei Kindern als halb-afrikanische Familie in Deutschland ausgesetzt waren. Zum anderen auf der Suche nach mehr Zeit für die Familie und mehr Selbstbestimmtheit, die Deutschland nicht bieten konnte. Während ihr Haus und alles andere noch im Aufbau ist, wohnt die gesamte Familie im Wohnwagen. Trotz einfacher Bedingungen und sogenanntem „sozialen Abstieg“ ihrem vorherigen Leben gegenüber, wirkt die Familie glücklicher und zufriedener als die meisten die man in Deutschland antrifft.
Bafata |
...falls sich jemand fragt warum auf all diesen Fotos keine Menschen zu sehen sind: Es ist einfach zu heiß! Bei über 40° läuft auch von den Einheimischen keiner freiwillig in der Stadt herum |
Guinea-Bissaus "father of independence" |
Guinea-Bissau hat viele Bezeichnungen:
Zum Beispiel „The Failed State“, da die politische Situation im Land ein Desaster ist. Einem besonders harten Kampf um die Unabhängigkeit von den Portugiesen folgen jahrelanger Bürgerkrieg und politisches Chaos. Keiner der letzten 5 Präsidenten hat seine Amtszeit beenden können.
Dass der Hafen Bissaus als Drogen-Handelsplatz zur Weiter-Verschiffung in die ganze Welt bekannt ist, hat dem Land das Label als „Narco-State“ aufdrückt.
Guinea-Bissau ist eines der ärmsten und am wenigsten „entwickelten“ Ländern der Erde.
Abgesehen von kleineren Cashew-Exporten ist das Land wirtschaftlich von internationaler Unterstützung abhängig.
All dies sind Fakten, die sehr traurig für die Bevölkerung sind. Wir wollen Guinea-Bissau als bisher freundlichstes, fröhliches und vor allem interessantes Land in Erinnerung behalten.
Hat sich schon mal wer gefragt wie Cashew-Nüsse wachsen? |
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